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er Mond kam und blies die Dezember-
nebel über den kalten, klaren Himmel.
Noch lag kein Schnee. Aber die beiden
alten Buchen über der niederen Fichten-
schonung, auf der jede Nacht der alte
graue Bock austrat, standen schon kahl
und zersaust vor der Hellen Mondscheibe.
Die Nacht fuhr mit unruhigen Händen
in die Bäume, daß die Schatten rauschend
über die Wipfel sprangen. Schnee roch im
wind, der von den Rammhalden sprang.
Die jäheren Sterne hielten den Hellen,
barten Himmel wach.
Ein verspäteter Drosselhahn warnte.
Unter der ersten Buche prüfte einer den
wind. Roch den Schnee und den nahen
wetterschlag, der den Tieren oben schon
im Blut wittern mußte. Und nickte: „Es
friert bald! Die ziehen heut schon nieder!"
Der Wildschütz schob die Pfeife in die
Eckzähne und klemmte sich die Büchse
unter den Arm. Summte im Gehen eine
Melodie vor den Schnauzbart, die immer
denselben, wehleidigen Rehrreim hatte:
„Und dci Jagersbua, der ist im Feuer
bliebn...
Dirndl liab nur zua, ihn kannst nimmer
liebn..."
... Und erschrak plötzlich, als ob ihm
die blutige Wahrheit dieses Wildschützen-
liedes an der Gurgel säße.
Er lachte verlegen vor sich hin und
prüfte das Lüchsenschloß ..." Und wenn
auch!"...
Jetzt hatte der Mond die letzten Nebel-
fetzen Verblasen und stand rund und groß
am Himmel. Er blinkcrte boshaft auf den
schimmernden Büchsenlauf, „wahr dich,
Wildschütz!" Der Mann blies den kalten
Mondstaub ab. Trat ins Dunkel und
lauschte.
Ein Zweig brach, wind stieß an den
Jungsichten, daß sie leicht aufschrcckten.
Aus der Talschlucht warf er das Rauschen
eines Wassers herauf. Und im Stangen-
holz war das Läuten eines streunenden
Hundes laut.
Der Wilderer starrt auf einen mond-
hellen Fleck und duselt: Er sieht den star-
ken, alten Bock aus dem Staudengewirr
sichernd auf den Grasfleck treten, hebt
langsam den Büchsenlauf, merkt, wie der
Bock aufschrcckcnd den Menschen wittert..
und schon im Feuer zusammenbricht. Und
wie er jetzt den Bock im Feuer sieht, lacht
ihm ein roter Weiberschopf mit weißen
Zähnen darein ... und hinter dem Weib
steht der lange Jagdgehilfe und blinkert
mit höhnischen Augen.
„Teufel auch!" wie ihm das im Hirn
spukt! ...Er reibt sich die Augen und
spürt wie ihm die Hand am kalten Büch-
senlauf zittert. Das sitzt wie eine böse
Rrankheit in ihm. Das Herz schlägt ihm
hart im Hals oben, wenn er an das Weib
denkt!... Und es könnten doch ihrer zehn
um ihn stehen, die Büchsen scharf gemacht!
Nicht ein Hüpfer! tät's ihm im Brust-
kasten ...
Da ist die Helle Nacht voll Mond und
Schneeluft, und der Bock, den er schon
zwei Jahre lang Nacht für Nacht an-
pirscht, zieht wohl schon die Waldschneise
starl NauHenberger
L. crnts»*, cin-' Oüshs
/viüncbsn 2, Ibscssisnstc 2 / Is!. 2 20 84
Werkstätten für
Mast-Mniformen »Iler Art
zu München
Irlefon S26S2 prielmagerstr. 12
herunter. Und da steht er und strubelt sich
in die dumme Geschichte hinein!... Und
es wird auch so sein:... Hinter dem Haus-
garten streicht der Mond wie ein Dieb
herum und leuchtet grad vor das Ram-
merfenstcr. Und der rotfunkelndc weibcr-
schopf ist überm Fensterbrett, zwei weiße
Arme halten den Jagdgchilfen und ein
roter Mund ist breit, voll seligem Lachen.
Und dann dämmert der Mond, wie ein
Himmelbettvorhang ... und das Weib
zieht den Grünen in die Rammer ...
„Teufel durcheinander!"...
Der wind hat noch ein paar Buchen-
blätter in den Gipselästen gesunden und
zaust und raschelt an ihnen herum, pfeift
dann den Hang hinunter, daß sich die
Stauden biegen.
Jetzt schreckt ein Vogel auf. Ein zwei-
ter wird wach.
Der Mond hat sich eine Wolke vors
schiefe Gesicht gezogen. Es ist finster ge-
worden, und der wind stolpert an die
Bäume.
Der Mann unter der Buche hält den
Atem an. Seine Augen brennen .. Jetzt!..
Jetzt!
Doch drüben ist wieder Stille eingefal-
len. Auch der Vogel verschweigt.
IJicht einmal der wind wispert.
Der Wilderer läßt den Atem aus den
Lungen und wartet.
Dann brennt ihm aufeinmal leichter
pfeifenrauch in die Nase... „Herrgott!..
Jetzt steht da drüben auch einer!... Sollte
ihn gar der Jagdgelstlfe schon gespürt
haben;" Und da fällt es ihm auch schon in
die Glieder: Gestern hat er seinen Tabaks-
beutel verloren. Grad da drüben. Reine
zwanzig Schritt weit. Dort steht jetzt der
Jäger auf der Passe. — „Höll du ver-
nagelte!" ...
Es fährt ihm eine eisige Wut die Füße
hinauf, an den Rücken, ins Hirn. Das
strudelt und jagt wild durcheinander und
jetzt hat es einen Faden und der zieht ihn
langsam ins Dickicht zurück. „Jetzt gilts!"
Er läßt den Hahn einschnappen und
schleicht durchs Gestrüpp. Langsam, sicher,
wie unter einem fremden Befehl, über
Steine duckt er sich, die seltsam hell unter
den dunklen Stauden liegen, durchs Ge-
flbeonu München
kianrSeidolii
5onnsn;teol)s 12
neos» koUrUisUlom»
7-1. L-7ZZ2-
SS72Z2 ^
SI» Unlr
unü Asm
VorluiiAcui 8>o
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pOL R I)" !
csiis hcstic-hlb lilutl
ilcw K cnml I<u>c halt
Vlüiic Iwus
pisnor klügsl
DisnsrsU. 22/11, l! NsIskoUsr
21
er Mond kam und blies die Dezember-
nebel über den kalten, klaren Himmel.
Noch lag kein Schnee. Aber die beiden
alten Buchen über der niederen Fichten-
schonung, auf der jede Nacht der alte
graue Bock austrat, standen schon kahl
und zersaust vor der Hellen Mondscheibe.
Die Nacht fuhr mit unruhigen Händen
in die Bäume, daß die Schatten rauschend
über die Wipfel sprangen. Schnee roch im
wind, der von den Rammhalden sprang.
Die jäheren Sterne hielten den Hellen,
barten Himmel wach.
Ein verspäteter Drosselhahn warnte.
Unter der ersten Buche prüfte einer den
wind. Roch den Schnee und den nahen
wetterschlag, der den Tieren oben schon
im Blut wittern mußte. Und nickte: „Es
friert bald! Die ziehen heut schon nieder!"
Der Wildschütz schob die Pfeife in die
Eckzähne und klemmte sich die Büchse
unter den Arm. Summte im Gehen eine
Melodie vor den Schnauzbart, die immer
denselben, wehleidigen Rehrreim hatte:
„Und dci Jagersbua, der ist im Feuer
bliebn...
Dirndl liab nur zua, ihn kannst nimmer
liebn..."
... Und erschrak plötzlich, als ob ihm
die blutige Wahrheit dieses Wildschützen-
liedes an der Gurgel säße.
Er lachte verlegen vor sich hin und
prüfte das Lüchsenschloß ..." Und wenn
auch!"...
Jetzt hatte der Mond die letzten Nebel-
fetzen Verblasen und stand rund und groß
am Himmel. Er blinkcrte boshaft auf den
schimmernden Büchsenlauf, „wahr dich,
Wildschütz!" Der Mann blies den kalten
Mondstaub ab. Trat ins Dunkel und
lauschte.
Ein Zweig brach, wind stieß an den
Jungsichten, daß sie leicht aufschrcckten.
Aus der Talschlucht warf er das Rauschen
eines Wassers herauf. Und im Stangen-
holz war das Läuten eines streunenden
Hundes laut.
Der Wilderer starrt auf einen mond-
hellen Fleck und duselt: Er sieht den star-
ken, alten Bock aus dem Staudengewirr
sichernd auf den Grasfleck treten, hebt
langsam den Büchsenlauf, merkt, wie der
Bock aufschrcckcnd den Menschen wittert..
und schon im Feuer zusammenbricht. Und
wie er jetzt den Bock im Feuer sieht, lacht
ihm ein roter Weiberschopf mit weißen
Zähnen darein ... und hinter dem Weib
steht der lange Jagdgehilfe und blinkert
mit höhnischen Augen.
„Teufel auch!" wie ihm das im Hirn
spukt! ...Er reibt sich die Augen und
spürt wie ihm die Hand am kalten Büch-
senlauf zittert. Das sitzt wie eine böse
Rrankheit in ihm. Das Herz schlägt ihm
hart im Hals oben, wenn er an das Weib
denkt!... Und es könnten doch ihrer zehn
um ihn stehen, die Büchsen scharf gemacht!
Nicht ein Hüpfer! tät's ihm im Brust-
kasten ...
Da ist die Helle Nacht voll Mond und
Schneeluft, und der Bock, den er schon
zwei Jahre lang Nacht für Nacht an-
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herum und leuchtet grad vor das Ram-
merfenstcr. Und der rotfunkelndc weibcr-
schopf ist überm Fensterbrett, zwei weiße
Arme halten den Jagdgchilfen und ein
roter Mund ist breit, voll seligem Lachen.
Und dann dämmert der Mond, wie ein
Himmelbettvorhang ... und das Weib
zieht den Grünen in die Rammer ...
„Teufel durcheinander!"...
Der wind hat noch ein paar Buchen-
blätter in den Gipselästen gesunden und
zaust und raschelt an ihnen herum, pfeift
dann den Hang hinunter, daß sich die
Stauden biegen.
Jetzt schreckt ein Vogel auf. Ein zwei-
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Der Mond hat sich eine Wolke vors
schiefe Gesicht gezogen. Es ist finster ge-
worden, und der wind stolpert an die
Bäume.
Der Mann unter der Buche hält den
Atem an. Seine Augen brennen .. Jetzt!..
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Doch drüben ist wieder Stille eingefal-
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IJicht einmal der wind wispert.
Der Wilderer läßt den Atem aus den
Lungen und wartet.
Dann brennt ihm aufeinmal leichter
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Jetzt steht da drüben auch einer!... Sollte
ihn gar der Jagdgelstlfe schon gespürt
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die Glieder: Gestern hat er seinen Tabaks-
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Es fährt ihm eine eisige Wut die Füße
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