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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 45.1940, (Nr. 1-13)

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Nr. 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.6782#0121
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Auch Herr Fedor findet sie reizend, und cS
zerreißt ihm das Herz, daß cr das alles ver-
loren Hallen soll, zugleich aber denkt er auf-
merksam: Aha, versetzt! — Vor allem jedoch
beschäftigt ihn die Frage, was jetzt geschehen
wird. Rosa muß an seinem Tische vorbei, soll
er frisch und frank aus seiner Zeitung auf-
tauchen oder soll er —. Aber da kommt sie
schon. Sie kommt mit raschem Schritt und
gewahrt ihn nicht und geht ahnungslos an ihm
vorbei, und dieser Sack von einem Mann bleibt
hinter seiner Zeitung sitzen und rührt sich nicht.
Geistesgegenwart scheint nicht seine starke Seite
zu sein.
In seiner Not hat er sogar zu lesen begon-
nen, das nächste beste, was ihm unter die Augen
kam. Es ist das Datum. Er ersaßt nur das
erste Wort davon, es heißt „Donnerstag", aber
das genügt. Er erfaßt mit einem Schlag die
Situation, die nicht besonders schmeichelhaft
für ihn ist, und vergißt nicht einmal, daß er
weder rasiert noch geschniegelt ist. Das wäre ...
denkt er zum letztenmal, ein Königreich für
einen guten Einfall! — Aber das haben schon
andere vor ihm gedacht.
Er sitzt noch immer, er hat sogar noch immer
die Zeitung vor dem Gesicht, und nun wird es
gleich zu spät sein, nun wird Rosa gleich bei
der Treppe sein, hinuntertrippeln, auf die
Straße treten — und einem anderen Mann in
die Arme laufen, der weniger dämlich ist, denkt
jetzt sogar Herr Fedor.
Aber diesmal hat das Schicksal ein Einsehen.
Als Rosa in die Nähe der Treppe kommt und
einen Spiegel vor sich sieht, blickt sie hinein.
Es ist doch gut, daß in den Cafes manchmal
Spiegel hängen. Sie sieht nur sich an, wie es
sich gehört, aber vor ihr sozusagen im Spiegel
sitzt ein Mann, dessen Profil sie unwillkürlich
mit aufnimmt, als sie ein Löckchen richtet.
„So was!" sagt sie nur, läßt das Löckchen
sein, dreht sich um, geht auf den Mann los
und sagt bei ihm in einein frohen, erstaunt und
kurzweg reizenden Ton: „Herr Fedor?! Ich
sitze seit einer Stunde da drüben, und dabei
sitzen Sie hier?" Sie lacht, sie ist nicht böse,
sie ist wirklich ein reizendes Mädchen.
„Da drüben?" wiederholt Herr Fedor, der
endlich aufgestanden ist, mit so maßlosem Er-
staunen in der Stimme, daß man sich eigentlich
für ihn schämen muß. Aber schließlich, was
soll ec machen. Soll er gestehen, daß er wie
ein eifersüchtiger Narr hier gesessen hat? Diel-
leicht später einmal. Herr Fedor redet sanft
und scherzhaft und tut so, als wäre das Ganze
ein lächerliches, kleines Malheur. — „Wie wir
uns verpaßt haben, was?!" sagt er und lacht.
Mit den süßen Träumen allerdings wird es
nichts. Dielleicht spielte in diesen Träumen die
abendliche Dämmerung eine Rolle und ein
sanfter Kuß hinter irgendeinem Busch? Das ist
Essig. Rosa kühlt sich zunehmend ab, als sie
bemerkt, wie unrasiert und ungeschniegelt dieser
Herr Fedor im Grunde offenbar ist, und er
seinerseits könnte sich ohrfeigen, als er ihren
Blicken entnimmt, was sie so zurückhaltend
macht.
Er sollte eS ruhig tun; Strafe muß sein.
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lleit i/'ü so llrn/t/os war un/t so verstört,
ll ie einer ist, wenn er ein //er/ ver/iert.

/'tuc/it vor ctern t euer, l/as ctu selbst ent/ne/it,
/lest'/avingte c/einen niännt/'eb tauten Hrbritt.
/1/s bterne sebienen gotl/en t/urr/i </ie Vaebt,
/ell sab t/ir tauge nae/i, oll,voll/ irll titt.

tn/t u/n ,/er Äun/ten, t/ie t/a gut u/itl sebö/i,
l erga/l ic/t t/ieser tet/ten Ktun/te bpott,
lts ic/i /uni //ininiet ptöt/t/'eb autgeseb'n
t n/t in /tie /ü-rne riet- ,,/le/iöt' /tiell t/ott."

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Robert Jakob Bock: Zeichnung ohne Titel
Renate: Abschied
[nicht signierter Beitrag]: Liebe Jugend!
 
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