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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 45.1940, (Nr. 1-13)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6782#0139
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Mieten 8c lie bl u 8 a r e 11

s. O o t t 5 r. 8 e k a 6 o vv

V 0

Über dem Wege rauschten die Baum-
kronen ineinander. Es blühte und sang
überall. Des Heimkehrers Her; schrie auf,
als es den Duft der Heimat trank.
... Die von Jenewelt trugen immer das
Bild einer Frau in sich, wenn sie heim-
kehrten. Die Frauen waren ihnen Schick-
sal geworden seit Jahrhunderten. Einer
von ihnen hatte das Rreuz genommen.
Das war der Erste, von dem sie wußten.
Der hatte den Namen „von Jenewelt"
Kerübergebracht in die Berge. Früher tru-
gen sie das goldene Rad im Schild. Heute
ist das Rad zerbrochen und daneben steht
ein verfallener Turm. Das ist ihr Wap-
pen seit der Heimkehr des Rreuzfahrers.
Es ist eine eigene Geschichte; sie war Fü-
gung geworden für viele, die dies Wap-
pen trugen. Einmal standen im Lande zwei
Dörfer und ein Helles Schloß unter „dem
goldenen Rade". Das war, ehe der Ahn-
herr ins heilige Land zog. Als er heim-



kehrte, saß ein anderer bei seinem Weibe
und die Bauern grüßten ihn kaum. Der
neue Herr im Schlosse oben aber war ein-
mal sein Freund gewesen. — In deb Nacht
erschlug er den Ehrlosen neben seinem schö-
nen Weibe. Seine Rnechte brannten die
Burg an. Dann ritt er fort. In die Berge
binüber, noch in derselben Nacht. Sein
brennendes Schloß leuchtete ikm in die
Wälder hinein.
In den Böhmerwaldbergen war ein
verfallenes Raubnest. Nahe am goldenen
Steig, wo die Händler und Säumer hin-
und widerreisten von Bayern nach Böh-
men. Das hatte er einst ausgebrannt.
In der alten Räuberburg lagen seit
jener Zeit zehn Rnechte, die den Steig
schützten. Dorthin zog er jetzt und warf
Steine in die Mauerlöcher. Er kam nie
mehr ins Land herunter. Drum hießen sie
ihn „Den von Jenewelt". Er zerbrach
das goldene Rad am Schild und ließ nur

L l.

ein Stück davon im Wappen. Daneben
setzte er den verfallenen Turm seiner Burg.
Seit jener Zeit tragen sie das Wappen
und den Namen. Der Rreuzfahrer nahm
sich eine Bauerndirne auf die Burg. Und
zeugte ein starkes Geschlecht, das in den
waldbergen wuchs und das goldene Land
scheute. Denn, wenn die von Jenewelt ins
Land zogen, trugen sie sich Unglück heim
in die Wälder. Und oft war es ein Weib.
Jetzt fubr der Letzte derer von Jene-
welt heim. Dielen Frauen batte er in die
Augen gesehen. Reine zog mit ihm. Die
Wolke über ihm brannte rot auf. „So
liebten sie alle wie die Wolke!" dachte er.
„Das war ihr Her;:" Daheim standen die
Rosen rot ums Schloß. Und der Röhren-
brunnen rauschte sein Lied in die warmen
Nächte... Das war ein Lied, ein freu-
diges, das voll Heimat war. Und wieder
,35
Register
Johann Gottfried Schadow: Zietensche Husaren
Hans Waldmichel: Die von Jenewelt
 
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