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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 1): Winckelmann in Deutschland — Leipzig, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.5984#0531
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514

Auhang.

Mit Otto dem 2üngeron, hcißt es an cinein andcren Orte, sind endlich die
schlechten Zciten eingebrochen nnd die güldene Zeit hat mit seinem Vater auf-
gehörl. Recht und Gerechtigkeit, worauf der väterliche Stuhl gegründct
gewesen, Barmherzigkeit und Wahrheit, die vor ihm einhergingen, sind
durch eine überhandnehmende Ungerechtigkeit vcrdrungen und haben dem 9reich
den Nücken zugekehrt. Ein Volk hat sich widcr das andere empört: die Zwie-
tracht als ein Zunder zu allem Uebel hat bis in das Herz des Neichs um
sich gefressen, und unter Befehdungcn der Mächtigen wider einander hat die
Kirche und die Zlrniuth große Drangsale erlittcn.

Tie allernngerechteste Negierung hätte kaum mit schändlichercn Farben
können entworfen werdcn, und es könnte dcr Wahrheit obcn angeführter Worte
ein merkliches abgchen durch ein glaubwürdiges Zeugniß von der großen Verbcsse-
rung, die man nachhcr an Otto gespürt. Ditmar ist es, der uns berichtet,
daß Otto endlich die weisen Vorstellungen, sonderlich die ihm scine Mutter
gegcben, Platz finden lassen, und daß er außer dcn Schranken einer löblichen
Tugend niemals gcwicheu sei, sodaß er groß und edel gewescn in seinem Be-
iragen, solange er rcgiert. Diescs Zeugniß gewinnt noch mehrerc Stärke da-
Vurch, daß dieser Mcrseburger Bischof wegen der unerlaubten Acndcrung,
wclche dieser Kaiser mit dem Stiftc Mcrseburg vorgenommen, nähere Ursachcn
haben müssen, alles möglickie nachtheilige wider ihn anznbringen.

Ein anderer berühmter nnd gelehrter Geistlicher derselben Zeit vcrweist
einen Trierischcn Erzbischof auf des Kaisers Großmuth, redlichen Vorsatz liu-
teiitioneini nnd unbeschreiblichcs Verlangen, ehrliche Lente um sich zn haben:
und anderöwo legt er Otto das Lob bei, daß er cine Beredsamkeit besäße,
wodurch er Zedermann gcwinnen könne. Will man nächst diesem dcm Zeug-
niß des Lehrmeisters dieses Kaisers einiges Gewicht an diesem Orte zugcstehen,
so kann nns dasjenigc, was wir aus dessen Munde aufgezeichnet übcrkvmmen
haben, von der Erziehnng und dem Betragcn Lieses Herren in vielen Stücken
eines andcrn belehren.

Es schcint wohl, daß Otto dcr Geistlichkeit, die übcr den Nuhm des
Negenten damals allein disponirte, verschiedene Ursachen zum Mißvcrgnügen
wider sich gegebcn, da man sieht, daß aus deren Viittel seiue größten Feinde
und Veriolger widcr ihn aufgestanden. Sobald Herzog Heinrich von Bahern
mit einer Empörung widcr den Kaiser schwanger ging, sobald fanden sich anch
nicht allein Bischöfe im Lager, sondern Drei der namhaftesten Erzbischöfe in
Deutschland, die zu seiner Partei traten.
 
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