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Der kleine Klosterhof von S. Francisco.

Keinem Menschm hat er von der Reise etwas gesagt: das ist ein Zug,der verrät, daß in dem
Manne das Zeug steckt, etwas zu vollbringen. Er besuchte seinen Landsmann Velazquez,
dcr ihm nicht nur gute Ratschläge gab, sondern auch Zutritt zu den Gemälden des
Madrider Schlosses und die Erlaubnis zu Studien hier und im Escorial verschaffte.

Während dieser zwei Jahre in der Hauptstadt vollzog sich die große Wandluug.
Wer aber hat ihm zur Erleuchtung verholfen? Die Meister jener königlichen Gemälde?
Und welche? Man hat sie in dem, was er alsbald nach seiner Rückkehr malte, zu er-
kcnnen geglaubt. Spätere Schriftsteller fanden hier Anklünge, außer an Velazquez, an
van Dyck und Spagnoletto. Aber das sind Maler, die man in Geist und Malweise
nach verschiedenen Richtungen als Antipoden Mnrillos bezeichnen könnte. Man nennt
auch Tizian und Rubens. Letzterer hatte noch vor wenigen Jahren zahlreiche Bilder
nnd Bildercyklen nach Spanien gesandt. Es ist nur natnrlich, daß ihn die Werke der
jüngsten, dem Geist der Zeit am nächsten stehenden Kunst vorzüglich beschüftigt haben.
Jn manchen Schöpfnngen Murillos ließen sich einzelne dem Antwerpener Maler entlehnte
Motive aufzeigen, die er aber wahrscheinlich aus Kupferstichen kennen gelernt hatte.
Heiterkeit, Lebensfülle, Lichtherrlichkeit rückt Murillo ihm näher als jenen dreien. Aber
dies sind Eigenschasten, die in den ersten Jahren nach seiner Rückkehr noch wenig her-
vortreten: er hat fie erst später und auf eigenen Wegen gefunden. Was ihn dem von
des Fleisches Herrlichkeit trunkenen Vlaming unähnlich macht, ist die Mitgabe des be-
sonnenen, lateinischen Sinns für Maaß in Farbe und Form. Er ist auch trunken
gewesen, aber von eines andern Weinstocks Gewächs. Jener hat vom lateinischen Erbe
inehr den theatralischen Pomp übernommen.

Der kkeine Klostcrhof von S. Irancisco.

Jm Jahre 1645 kehrte er nach Sevilla zurück. Früh hineingeworfen ins
Schaffen, mag er ungeduldig gewesen sein, nnt diesem Nachtrag der Lehrjahre abzu-
schließen. Es drängte ihn zu versuchen, wie seine verbesferte Manier daheim aufge-
nommen werden würde. Und es zeigte sich bald, daß der Wind seines Glückes eine
Drehung gemacht hatte. Es bot sich ihm eine umfaugreiche Arbeit, die zwar weder
als pekuniär vorteilhaft, noch als eine besondere Auszeichnung angesehen werden konnte
— er erhielt sie als der wenigst Fordernde — wohl aber ganz gemacht war, ihn „auf
dem Präsentirteller der Ösfentlichkeit" zu zeigen.

Das Kloster von S. Francisco, defsen Kirche erst zu Anfang des 15. Jahrhunderts
vollendet wurde, war das größte der Stadt: sechs imtio«, ein Garten, 24 Brnnnen, der
große Kreuzgang mit zwei Galerien auf maurischen Doppelsäulen und schimmernden
 
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