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Heilige Kinder.

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tuch an Mund und Nase, mit arglistigem Lachen den Blitzen der mnnteren, schlaucn
Augen der Jüngeren scknndircnd. Von diesem katzenartigen Pärchen sagte man: Die,
welche die Junge lockt, fallen der Alten in die Arme. —

Murillo hat mehremnle die Stadtpatroninnen gemalt, nach wechsclnden Modellcn,
und einmal hat er zwei Mädchen aus der Triana, ganz unverbildet und sogar in heu-
tigcr Tracht, zu dicscn glorreichen Märthrinnen nmgetauft, indcm er ihnen bloß Palmcn
nnd Thongcschirr zu tragen gab. Es sind die beiden köstlichen Kniestücke in Stafford
House. Anßer der Frische des unretuschirten Volkstypus, fesselt die sonst selten vor-
kommcnde Malweise: sie stehen auf ganz hellem, leerem Grund mit breiten Licht-
flächen und durch Wiederschein gebrochenen warmen Schatten. Die feinen Hälse
seiner Modelle, deren Ansatz und die rundlich abfallenden, bloßen Schultern hat dcr
Künstler wohl verstanden. Die im gelben Kleid, nennen wir sie die heil. Justa,
mit dcm fast derben, viercckigen Knochenbau des Kopfs, blickt andüchtig aufwürts; dic
hcil. Rufina, in Grün, gradaus, etwas schläsrig, aber sie hat die Linie der Schönheit,
und zwar ähnelt fie jencr Dirne am Fenster. Auch das rote Bündchen fehlt nicht.
Da konnte man sehen, daß der Mädchenschlag der Triana in diesen schlechten Zeitcn
noch dersclbe war wie einst, als das Heroenalter der Kirche aus diescm Thon Heiligc formtc.

Die heil. Magdalena in der Höhle, im Prado (901) ist nnr eine Kopic; das
Original (jetzt bci Mr. Beanmont in London) ist einer der besten Murillos in Eng-
land. Er hat selten Magdalenen gemalt, nnd es giebt ohne Zweifel reizvollere und
lcidcnschastlichere; aber dieser darf man nachrühmen, daß sie nur eine Magdalcna scin
kann: sic ist keiner andern seiner Frauen ähnlich. Der von den Ärmeln freigelassenc
Unterarm, dic Schultern werdcn von Malern mit Neid betrachtet. Man bcgreift, wie cin
Wesen mit diesen weichen Zügen, eincm solchen Mund fallen konnte, aber man glaubt
auch an die Echtheit ihrer Reue. Die großen Augen sind rückwärts nach der Licht-
öffnnng gcwandt, wo ebcn ans den Wolken cin Engelterzett hörbar wird, ein Signal
in Töncn, daß ihre Buße angenommcn ist.

Keikige Kinder.

Derselbe Maler, welcher der Jugend an den Zäunen und anf der Straße gern
cinmal spielend seine Farbenkünste zuwandte, ihm glückte es darum nicht weniger mit
Kindern, die als höhere Naturen erscheinen sollten. Ja, überblickt man seine Gestalten-
welt, so scheint er um so liebenswürdiger, je mehr er sich dem kindlichen Alter nähert.

Nach Hunderten zählen die kleinen Geschöpfe, die in nie welkender Jugendfrische
durch vier Jahrzehnte seinem Pinsel entgnollcn. Der nackte niüo auf Mutterarm, der
 
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