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Santa Maria la Blanca.

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Folianten auf dcm cisenfüßigen Tisch (inosa äo Imrrafs), dem einzigen Gerät dcr Zelle,
dessen nerzückende Wirkung der Lilienstrauß in der Vase versinnlicht. Diese zweite Thür
ist cin großer Wolkenring, dcn eigentlich dic Zelle nicht faßt, ein Ring von Engeln,
kleincn und erwachsenen. Lings in seiner äußeren Nundung erscheinen sie in Dunkel
eingetaucht, rechts in der inneren Fläche hell bestrahlt. Dieses Licht kommt von einer
Sonne, — oder vielmehr, es ist eine Lichtstraße, deren Bahn bis in die Region cwigcn
Sonnenscheines hinaufreicht, und aus ihrer Tiefe spaziert ein zierliches Knäblein herab,
so zart, als hätte es sich aus Mutterarmen weggestohlen. Ein Engel in respektvoller
Entfcrnung dient, sich zurückwendcnd, als Wegweiser, der Mönch breitet ihm die Arme
entgegen. Gewiß, keine sinnigere Anspielung würe im Legcndcnschatz der Kirche zu cnt-
decken gewesen für eine Taufkapelle. Nun durste jede Mutter, die ihr Neugeborenes
als göttliches Geschenk betrachtete, sich dem begnadigten Bruder gleichstellen. Vielleicht
war dcr Gcdanke dem Maler selbst aus der Fülle ersten Vaterglücks ausgegangen.

Dies ist das Werk, in welchem Murillos Genius zuerst, ein zum Licht empor-
steigender Adler, Raum fand, seine Schwingen auszubreiten. Es ist sehr klar gemalt,
Umrisse und Formen bestimmt und rund, der Eindruck reinen Lichts gewonnen durch
die vollendete Kunst der Kontraste und Übergänge. Ein gewöhnlicher Maler hätte für
die Einheit des Lichts gefürchtet von jener offenen Thür in den Kreuzgang; aber er be-
durfte dieses Tageslichts als Gegensatz des übernatürlichen Lichtes.

Santa Waria la Manca.

Einige der beliebtesten Schöpfungen Murillos verdankt man dem Verhältnisse zu
einem Geistlichen der Kathedrale, dem Prebendado D. Jnstino de Neve, seinem lang-
jährigen Gönner und Freunde. Jn den fünfziger Jahren war eine Erneuerung des
Jnnern der alten Kirche S- Maria de las Nieves, genannt la Blanca, in Angriff ge-
nommen worden. Bis 1391, wie die Kirche gleichen Namens in Toledo, Synagoge,
war sie jetzt Hilfspsarrei der Kathedrale. Außer der barock schwerfälligen Stuccatur-
bekleidung (1659) stammten aus dieser Zeit (angeblich 1665 vollendet) vier Gemälde in
Schildbogen unter der Kuppel und an den Wänden beider Abseiten. Diese halbkreis-
förmigcn Stücke (nioäios xaiilos) waren also wieder Ersatz für Fresken.

Sie bezogen sich auf den Marienkultus. Die zwei größeren unter der Kuppel stellten
die Gründungsgeschichte der ältesten nnd größten Marienkirche zu Rom dar, Sta. Maria
Maggiore oder aä Mvos. Das Kultusblid unseres Tempels hieß Sa. Maria de las
Nieves. Beide sind jetzt in der Akademie zu Madrid. Das dritte war eine Verherrlichung
der damals in Sevilla eifrig bekannten Lehre von der unbefleckten Empfängnis (im
 
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