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Die Allerreinste.

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Farbcnflächen verleihen der Harmmne Vornehmheit; die warmen, hellen, zusammen mit
den Lichtdurchbrechungcn des Grundes, zwischcn Wolken oder durch cin Thor nach einem
hcllen Marmorbau, geben dic Heiterkeit der Lichtfnlle.

Die Alkerreinste.

Die Neinheit <Da kursW, knrtsima) nannte man in Spanicn die Darstellungen
einer Glaubensmeinung, in deren Geschichte Murillo's Vaterstadt lebhaft eingegriffcn hat.
Es waren die Barfüßer, wclche seit Dnns Scotus die Verteidigung dieser Lehre zur
Ordenssache gcmacht hattcn; für Kirchen ihrer Religion hat Murillo die zwei, für seine
Kunst so wichtigen, Anfang und Ende sciner Laufbahn bezeichnenden Gemäldcgruppen
gearbcitet; nnter ihrem Einfluß ist er auch „der Maler der Conceptionen" gewordcn.
Seine srüheste und seine in mehr als einem Sinne großartigste Verdolmetschung dicses
Mysteriums befanden sich in S. Francisco el Grande.

„Darstellungen einer Glanbensmeinnng" —; eigentlich war die Jnmaculada Con-
cepcion ein theologischer Begriff, der außerhalb dcr Knnst lag. Jahrhundertelang ist sie
nur mit Hilfe der Symbolik gcmalt worden. Die mittclalterliche, geschichtlich-legenda-
rische, andeutendc Darstellung der Empfängnis Mariä — durch die Botschaft des Engels
und die Begegnnng der Eltern an der Goldenen Pforte — war längst nicht mehr im
Geschmack der Zeit. Schon im fünfzehnten Jahrhundert versuchte man der gläubigen
Phantasie dicse Lehre vorznführen durch die Gestalt der Allerreinsten allein, umrahmt
von Symbolen, Gestalten und Sprüchen, welche anf den besonderen theologischen Sinn
hinwiesen. Die jungfräuliche Erscheinung schwebt „im Licht der Ewigkeit", die Einzel-
heiten sind der Vision der Offenbarnng Johannis entlehnt; der über ihr erscheinende
himmlische Greis bezeichnet den ewigen Jntellekt, der einst ihre Jdee gefaßt hatte.
Propheten und Sibyllen im untern Theil des Bildes — eine Art Disputa — dessen
Sprachrohr, durch das sie den Zeiten vorausvcrkündigt wnrde. Jhre Sprüche, die Tropen
des Hohen Liedes wnrdcn auch durch Symbolc versinnlicht. Noch die Zeit dcr vollcn
Freihcit der Kunst, sonst so rücksichtslos in Umformung des Überlicferten, ist über diese
hälbsymbolische Form nicht hinausgeschrittcn, die man z. B. in Soglianos Gcmüldc in
S. Maria Nuova zu Florenz stndet.

Jn den gefeicrten, oft wiederholten spanischen Darstellungen des sechzehnten Jahr-
hunderts wurde dann der Prophetenchor weggelassen. Bei dem Valencianer Joanes
Macip ist nur die betende heil. Jungfran geblieben, anf dem Halbmond mit Sternen-
kranz, die Augcn gesenkt, mit anfgelöstem Haar, in weißem Kleid und blauem Mantel,
schwebcnd in eincr „ovalen Sonne" (der dNandorla), umgeben von anbetendcn Engeln

Justi, Murillo. 7
 
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