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3i8

DIE SPANISCHE BRAUTFAHRT

Fontana eine allegorische Aufführung ersonnen hatte1). Im Rohrspeer-
rennen (canas), einem von den Arabern überkommenen Scheinturnier,
überraschend durch die Menge schwerer Rosse, in deren Bewegungen,
blitzschnellen Wendungen die Virtuosität der hohen Schule (ginet&J sich
entfaltete, übertraf der König alle seine Cavaliere. In dem »Ochsenfest«
auf der pla\a major am 3. Mai wurden achtzehn Stiere geopfert; es kämpf-
ten die Herzöge von Macheda und Cea und der Graf von Villamar, gefolgt
von Scharen ihrer Lakaien. Dann kamen die Processionen der heiligen
Woche mit ihren plastischen Gruppen (pasos); die Procession des Fron-
leichnamsfestes mit ihren mittelalterlich grotesken Maskeraden und Riesen-
puppen ; die Autos sacramentales; endlich die Büßerprocession. Bei dieser
erschienen die reformirten Bettelorden, die Barfüf3erfranciscaner, die strengen
Augustiner, die Mercenarier und Trinitarier, alle mit Asche bestreut und
in mysteriöser Verkappung: einige mit Dornenkronen auf blutigen Köpfen
oder an ein Kreuz gefesselt mit verbundenen Augen; andere sich kasteiend
mit dem Stein des hl. Hieronymus, andere tiefgebückt mit schwerem Stein
um den Hals, ja mit Knochen im Mund. Der Eindruck auf die Engländer
war verschieden'2). Endlich die spanischen Lieder nicht zu vergessen,
welche dem feinfühligen Prinzen vielleicht mehr Vergnügen machten, als
alle jene Nationalsports. Noch sieben Jahre später erinnerte sich König
Carl gern der Dona Francisca und ihrer »engelgleichen Stimme«8), sowie
ihres Vaters Vincente Juarez. Das grandioseste Schauspiel für den Spanier
freilich, ein Auto da Fe mit anzusehen, war leider keine Gelegenheit.

Juan Ruiz de Alarcon, der berühmte Comödiendichter, wurde mit
einem dramatischen Elogio descriptivo dieses Empfangs beauftragt, im estilo
culto; mit Hilfe einer Vereinigung von zwölf madrider Poeten brachte er es
rechtzeitig zu Stande.

Das Programm dieser Kette von Festen war das Werk desselben viel-
beschäftigten Mannes, der auch die Fäden der geheimen Verhandlungen
in der Hand hielt, wie er ja die ganze Politik und Verwaltung der Staats-
maschine auf seinen krummen Schultern trug, Don Gaspar Guzman,
Graf von Olivares, genannt der Conde Duque. Er war einer der Schicksals-
menschen, wie sie ihr böser Genius den Staaten auf ihrem Wege abwärts be-
schert. Eins der Mittel seiner Herrschsucht war die Erfindung immer
neuer phantastischer Feste, berechnet darauf, den König, für den er eine
schwärmerische Verehrung zur Schau trug, von den Geschäften abzulenken.
Dabei kam freilich gelegentlich auch der Kunst und dramatischen Dichtung
Manches zu Gute.

*) v. SCHACK, Geschichte der drama-
tischen Litteratur III, 13 f.

■) II che ai Catolici fu di molto essem-
pio e mortificazione, ma degli heretici
chi 1' approvava, e chi 1' improvava: ch'
essi potevano andar in paradiso senza far

cosi prave e austere penitenze. L'Arciv.
di Tarantasia, Mgr. Anast. Germonio, De-
pesche vom 18. April, Turiner Archiv.

3) N. SAINSBURY, Unpubl. papers . . .
of Rubens. London 1859. 294 f.
 
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