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Justi, Carl
Michelangelo: neue Beiträge zur Erklärung seiner Werke — Berlin, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.14274#0014
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VI

VORWORT

zu einer Art Compromiß — einer Auswahl: nach dem Witz des
alten Hesiod, daß die Hälfte mehr sei als das Ganze. Ich verzichtete
auf Vollständigkeit der Werke, in Fällen wo das was ich zu sagen
hatte weniger erheblich und vom geltenden abweichend schien; be-
schränkte mich auch auf die ausgeführten Werke, mit Ausschluß
der nur im Stand der Skizze uns überkommenen. Bios die Jugend-
werke sind vollständig aufgenommen; von späterem außer den zwei
großen Monumentalschöpfungen einiges aus deren Nachbarschaft.
Dagegen wurde ein längerer Schlußabschnitt hinzugefügt, Skizzen
zur Charakteristik des Menschen und Künstlers. —

Noch ein Wort über das Bildnis: Es ist das in der Casa Buo-
narroti ausgestellte Gemälde des Michelangelo befreundeten Bugiar-
dini. Obwohl von der Hand eines mittelmäßigen Künstlers, darf
man sich doch wundern, daß noch Niemand eingefallen ist, die
Leser der Lebensgeschichte durch seine Reproduction zu erbauen.
Es ist das einzige, so uns von dem großen Mann vor den Verände-
rungen des Alters eine Vorstellung giebt. Sehr verschieden scheint
es von dem gewiß großartigen und hochcharakteristischen Greisen-
haupt— verschieden im Eindruck, denn die constanten Elemente
der Züge sind vollständig wiedererkennbar. Aber man möchte
fragen, was uns denn zwingt, den Urheber des David und der
Delphica immer nur in der Gestalt zu sehen, wo er schon des
Meißels müde war, ja auf die Kunst, der er gedient, zuweilen als
Abgötterei zurücksah. Das turbanartig ums Haupt geschlungene
Seidentuch ist dasselbe was noch heute die italienischen Bildhauer
im Atelier als Schutz vor dem Marmorstaub umlegen. Dieser
Michelangelo entspricht wohl mehr dem Bilde, das ein phan-
tasievoller Verehrer sich von ihm machen möchte, wie er etwa im
Atelier, vor seinem Marmor stehend, nach dem Eintretenden hin-
sah. — Als Contraststück ist dem Schlußabschnitt ein Bild der
Altersruine vorgesetzt, das der Portugiese Francisco d'Hollanda aus
Rom mitgebracht. Zu gründe lag eine photographische Aufnahme,
die der zu früh der Wissenschaft entrissene Charles Graux im
Jahre 1879 im Escorial auf des Verfassers Anregung gemacht hatte.—
 
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