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Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0339

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17. Religion und Kult

331

Unsere Masken stehen im minoisch-mykenischen Bereich völlig allein1), auch
ohne nachweisbare Beziehung zu Ägypten (oben S. 180 f.). Evans hat (Shaft Gra-
ves 8 ff. Abb. 4) ein vor Jahrzehnten in der alten Sammlung Naue befindliches
kleines, goldenes Exemplar sehr verdienstvoll der Vergessenheit entrissen. Es soll
aus einem böotischen Grabe stammen, sein Alter läßt sich leider nicht näher be-
stimmen. Eine alte syrische Tradition, die sehr wahrscheinlich bis in mykenische
oder gar vormykenische Zeit hinaufreicht, führt über archaische anthropoide Sar-
kophage zu denen aus parischem Marmor und zu späten Goldmasken helleni-
stisch-römischer Zeit (Collection de M. L. Courtin, Vente 1896, Nr. 173 Taf. VII 1,
aus einem sidonischen Mädchengrabe). Ebenso darf man bei den Goldmasken von
Trebenischte am Ochridasee2) wohl ein Fortleben uralter Uberlieferung bei einem
dem mykenischen einst verwandten Stamme annehmen (ich verdanke den Hinweis
Ernst Fabricius). Läßt sich am Ende diese Überlieferung bis nach Südrußland ver-
folgen, von wo ein paar längst bekannte, späte Gegenstücke stammen3)? Es wäre
dann um die Masken ähnlich bestellt wie um die oben S. 289 f. besprochenen Mu-
ster. Indessen darf man nicht vergessen, daß das Bestreben, das Antlitz der Toten,
vor allem der Fürsten, möglichst unzerstört zu erhalten, in verschiedenen Ländern
und Zeiten zu ähnlichen Lösungen geführt hat4). Dabei wurden oft Totenmasken
zugrunde gelegt, wie dies durch erhaltene ägyptische seit dem Ende des Alten Rei-
ches bezeugt ist5). In Mykenai kann von solchen Kunstgriffen keine Rede sein.]

17. RELIGION UND KULT

Bis vor kurzer Zeit sind gerade auf religiösem Gebiet Kreta und das Festland
als ein geschlossenes Ganzes aufgefaßt worden. Selbst Martin Nilssons ausgezeich-
nete Minoan-mycenaean Religion leidet unter dieser Gleichsetzung. Sie ist begreif-
lich, wenn man, wie es meist geschieht, von den Götter- und Kultdarstellungen
ausgeht: denn wenigsens seit der Wende vom XVI. zum XV. Jahrhundert hat sich
darin das Festland dem Minoischen ganz angepaßt. Fresken und Reliefs, Ringe
und Gemmen aus beiden Gebieten stimmen in jenen Darstellungen so vollkommen
überein, daß ohne Kenntnis der Fundumstände eine Scheidung unmöglich ist. Um
dies zu erkennen, braucht man nur flüchtig die Arbeiten von Evans oder Nilsson

') Das Goldblech von Mulianä, 'E9. dp/. 1904, 49 Abb. 12 gehört m. E. nicht hierher.

") B. Filow, Die archaische Nekropole von Trebenischte, Taf. I. Dazu A. Keramopoullos, 'Ap/. 'E<p. 1927/8, 41 ff.,
bes. 47ff. (Brief von Fabricius); N. Vulic, Arch. Anz. 1930, 278 Abb. 1.

3) Antiqu. du Bosphore cimmerien Taf. I; O.Benndorf, Antike Gesichtshelme und Sepulkralmasken 66 ff.
Taf. II. XV 1; vgl. XIV 1. 2 (Ninive); XVII (Peloponnes). Für die Issedonen östlich vom Ural sind ähnliche Toten-
masken überliefert: Herrmann in Pauly-Wissowas RE. IX 2235 ff. Ganz anders geartet sind die griechischen Kinn-
bänder, Wolters, Ath. Mitt. XXI 1896, 367 ff.

4) Zum römischen Brauche vortrefflich H.Koch, Römische Kunst 76 ff., zum französisch - englischen Evans,
Shaft Graves 14.

6) Erman-Ranke, Ägypten 499 mit Literatur Anm. 2 ; H. Schäfer, Kunstwerke aus El-Amarna I Taf. 12 ff.
 
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