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Kautzsch, Rudolf
Die romanischen Dome am Rhein — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 44: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.55553#0006
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die östliche und die westliche einander angeglichen wer-
den. Alles in allem: diese ottonischen Dome atmen ein
ganz neues Empfinden. Die altchristliche Basilika ver-
mittelte ein einmaliges (zeitliches) Erlebnis, das Erlebnis
des Gottsuchers, der durch Vorhof und Langhaus vor-
schreitend sich endlich vor dem Altar im Chor am Ziele
sieht. Seiner äußeren und inneren Bewegung, seiner
Sehnsucht aus dem Diesseits hinaus und ihrer Beruhi-
gung, wird der Raum selber, in Bewegung hier und Ruhe
dort, in der ganzen grenzen- und endlosen Unfaßbarkeit
des Langhauses, in der geschlossenen Majestät der Apsis
zum gewaltigen Symbol. Nicht so der karolingisch-
ottonische Dom. Hier hat ein irdischeres Geschlecht, das
die Wirklichkeit zu meistern weiß, Räume gestaltet, die
fest begrenzt, übersichtlich gegliedert, zu Gruppen zu-
sammengefaßt, in außerordentlichen Ausmaßen sich der
wirren, drängenden Umwelt draußen als gesicherte Er-
oberung, als Eigenart, beharrende Form gegenüber-
stellen, Zeugen einer Zeit, die den Kampf mit allen
dunklen Mächten, ihrer Kraft bewußt, aufgenommen
hat. —Und wie im Inneren, so auch nach außen. In an-
nähernd symmetrisch gruppierten Massen türmen sich
Ost- und Westende des Baus auf, gleich geschlossen nach
beiden Seiten, trotzig Wehrhaft und höchst großartig.
So die Neugründungen der Dome des frühen 11. Jahr-
hunderts. Zu ihnen gehört auch noch der Erweiterungs-
bau des (römischen) Trierer Domes, insbesondere die
herrliche Westfront des Baus (Abb. 2b). Aber es gibt
nun eine Ausnahme. Die Rekonstruktion des Grund-
risses der alten Kathedrale von Straßburg zeigt ein
ganz anderes Bild (Abb. 2 a). Da folgt auf einen Vor-
hof, der der Westseite vorgelagert ist, eine dreiteilige
Halle, die nach vorn dreifach weit geöffnet ist, während
sie nach hinten, nach der Kirche zu, sich nur in einem
Mittelportal auftut (also sammeln und zur Mitte leiten
soll!); weiter ein langes dreischiffiges Langhaus, dessen

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