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Wagner, Heinrich
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Büdingen — Darmstadt: Bergstraesser, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.18791#0232

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KREIS BÜDINGEN

Jetzige Von dieser »Kapein vfm Markt« wird 1614 berichtet, dass sie in kurzer

I'farrkirche

Zeit »abgehen und übern häuften, fallen möchte,« weshalb Bürgermeister und
Rat der Stadt Nidda die landgräfliehe Genehmigung nachsuchten und erhielten,
das alte Gotteshaus auf dem Markt niederzulegen und von Grund auf eine neue
Kirche »so etwas weitter zu erbawen,« damit die Bürgerschaft und andere, so hier
ins Kirchspiel gehörig, nicht wie bishero geschehen, sich drängen oder zum Teil
vor der Kirchenthüre stehen bleiben müssten, sondern das ganze Jahr über sich
darin füglich betragen möchten. Der Landgraf schenkte der Stadt den Bauplatz
für die jetzige Kirche laut Urkunde v. 28. April 1615.

Behufs Ausführung des Werkes verdingte die Stadt die Zimmerarbeit hierzu an »einen
berümbten Zimmermann zu Hanaw«, die Maurerarbeit aber an Ulrich de Eonesto, sonst Wolf
oder der Mailänder genannt. Dieser aber wurde später gerichtlieh belangt und verfolgt, weil
sieh herausstellte, dass er den Bau »im Eundament verwahrlost« hatte, so dass 161b auf Rat
des fürstlichen Baumeisters und des mainzischen Werkmeisters der ganze Turm und ein Stück
der Kirche niedergelegt und von Grund aus neu errichtet werden mussten.

Im Oktober 1617, nach »3 Jahren . . muhselige handtarbeit« war die
Kirche in stand gebracht worden. Zu teilweiser Deckung der Kosten, die sich
auf 2151 Gulden belaufen zu haben scheinen, veräusserte die Stadt das Kapellen-
gut zu Langd, mit Genehmigung des Landgrafen, welcher ihr sodann 1618 aus
dem Schloss zu Schotten Messing zum Glockenguss verwilligte. Die Einweihung
der Kirche »durch den Superintendenten zu Giessen« wurde angesetzt auf den
3. Mai desselben Jahres.

Die Stadtkirche hat seitdem keine erheblichen Änderungen erfahren. Die
äussere Ansicht derselben von Nordost ist in Fig. 108, die Erscheinung des
Innenraumes auf der angehefteten Tafel VIII dargestellt. Der Turm, welcher zu
niedrig erscheint, wurde vermutlich nur teilweise abgetragen, oder nicht völlig
wieder aufgebaut, nachdem die von Ulrich de Fonesto verschuldeten baulichen
Mängel an den Tag gekommen waren. Das Bauwerk erscheint im Äussern sehr
einfach. Nur die beiden Rundbogenthüren und deren Verdachungen sind mit
einigem Schmuckwerk versehen und zeigen gleich dem Stabwerk der wagrecht
überdeckten Doppelfenster die Formbildung der damaligen Zeit. Diese giebt sich
durchaus in der Gestaltung des Innern kund, dessen Anlage als Beispiel einer
Saalkirche, die eigens für Zwecke des protestantischen Gottesdienstes erbaut wurde,
bemerkenswert ist. *•) Die von hölzernen Säulen getragenen Emporen umgeben
die Kirche auf drei Seiten. Auf der Empore der Schmalseite steht die schmucke
Orgel. Die wagrechte Decke ist durch drei zum Teil im Dachwerk aufgehängte
Unterzüge in vier Felder geteilt, deren reich gestäbte Füllungen mit allerlei Ver-
zierungen in schöner Stuckarbeit versehen sind. Die in Farben prangenden Wappen
des Landgrafen Ludwig von Hessen und seiner Gemahlin Magclalene von Branden-
burg, schmücken die mittleren Füllungen, umgeben von den Inschriften: SACRA ■
DEO ■ DOMVS • HA.C ■ LVDOVICO ■ PRINCIPE • FACTA • EST • HANC ■
VT ■ ET ■ HVNC ■ DEXTRA ■ PROTEGE ■ CHRISTE • TVA • bezw. MAGDALIS

*) Zu Anfang des 18. Jahrhunderts standen nach Winkelmann, a. a. O. S. 193, Uber der grossen Tliürc die
Worte angeschrieben: DIESE ■ KIRCHE ■ STEHET • IN • GOTTES ■ HAND • ZVM ■ HEILIGEN ■ GEIST
WERD ■ SIE ■ GENANT.
 
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