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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0303
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WÜRZBERG

271

Auch in östlicher Richtung vom Dorfe, im sogen. Steinmauerfeld, zieht sich, wie
schon dieser Name sagt, unter der Erdkrume altes Gemäuer einer beträchtlichen
Bauanlage hin, deren Ursprung dunkel ist. Die Frage, ob damit der noch gebräuch-
liche Flurname Sickingerhof in Verbindung zu bringen sei, kann nur hypothetisch
beantwortet werden. Bei der Niederlegung der Ruine sind nach einem glaubwürdigen
Bericht aus dem Jahre 1855 (vergl. Wagner, Wüstungen, S. 203) ein Helm und eine
Rüstung gefunden worden, die durch Verschleppung verloren gingen. Zwei Teiche
in der Nähe wurden eingeebnet; die Stelle führt jetzt den Namen Sewerns-Wiese.

Auf der Höhe, in der Nähe der Hainstädter Steinbrüche, liegen fünf Grab- Hügelgräber
hü gel, von durchschnittlich 2 m Höhe und 10 bis 18 m Durchmesser, zu einer
stattlichen Gruppe vereinigt beisammen. Jenseits des Thaies setzen sich solche Todten-
stätten auf dem südlichen Gebirgszug in langer Reihe fort, bis zu den auf der Mönchs-
höhe bei Mümling-Grumbach befindlichen Gräbergruppen heidnischer Vorzeit.


XXXIII. WÜRZBERG

ILIALDORF, zum Pfarramt Michelstadt gehörig und ohne kirchliches
Gebäude, ist östlich von Erbach gelegen und hiess in früherer Schreibung
Werzeherg (1426), Witzbergck, Würtzbergk, auch Würtzburg (1513).

Der im Dorf entspringende. Bach, das Steinbüchel, kommt urkundlich
schon im Jahre 8 ig unter dem Namen rivulus lapideus vor.

Die kunstarchäologische Bedeutung von Würzberg findet ihren Anhalt nicht Römerkastell
innerhalb des Dorfes selbst, sondern in dem 2 km südlich davon gelegenen Römer-
kastell der Mümlinglinie,*) dessen Trümmerstätte der Volksmund Heunhaus, Heun-
häus, auch Hainhaus nennt. Es kann einem begründeten Zweifel nicht unterliegen,
dass dieses Kastell identisch mit dem Wehrbau ist, welcher 8 ig in der Grenzbe-
schreibung der von Einhard an Kloster Lorsch geschenkten Michelstädter Mark
unter der Bezeichnung Vullineburch erwähnt wird und von dem es heisst, dass
die Grenze per unam portam intro, per alteram foras diese Anlage durchschnitten
habe, was mit dem Grundplan der römischen Lagerbefestigungen übereinstimmt. —
Im Zusammenhang mit diesem Umstände und in Anbetracht, dass das Würzberger
Kastell zu den umfangreicheren Wehrbauten der Mümlinglinie gehörte, möge die
orientirende Bemerkung am Platze sein, dass die römische Lagerbefestigung eine-
rechteckige Grundform mit abgerundeten Ecken erforderte und mit Wall und Graben
umgeben war. An seiner Stirnseite hatte das Lager ein Thor {porta praetoria),
von welchem eine Strasse (via praetoria) in gerader Richtung bis zum rückseitigen
Thor (porta decumana) die Anlage durchzog. Zwei Querstrassen (via principalis
und via quintana) schieden das Lager der Breite nach in drei gleiche Abtheilungen.

S. Näheres über den Zug dieser Grenzwehr in dem Abschnitt »XI. Hesselbach.«
 
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