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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0160
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KREIS OFFENBACH

und ist seitdem spurlos verschwunden. — Zwei Glocken von verschiedener Grösse
tragen glcichmässig folgende Inschriften mit dem Isenburgischen Fürstenwappen:
UNTER DER REGIERUNG WOLFGANG ERNST
FÜRSTEN ZU JSENBURG BÜD . IST DIESE KIRCHE
ERBAUT ANNO 1749.
DAMALIGE BAUMEISTER : IOH . W1LH . BECK.
IOH . FLEISCHMANN . IOH . HARTM . LEIPOLT.

Ein im Pfarrarchiv befindliches Siegelstempel hat die Umschrift REFORMIRT
TEUTSCHES ■ KIRCHFNdNSIEGEL. Im kreisrunden Mittelfeld erscheinen in
leichtem Relief zwei Kähne mit Fischern, die ihre Netze auswerfen. Darunter
stehen die Worte: OFFENBACH AM MAYN. Oberhalb der Fischergruppe liest
man die Abbreviatur MAT. 13, 47, als Hindeutung auf die Schriftstelle: »Abermal
ist gleich das Himmelreich einem Netz, das in's Meer geworfen ist, damit man
allerlei Gattung fanget.«

Unter den ebendaselbst aufbewahrten liturgischen Gefässen sind eine silberne
Abendmahlskanne, zwei Kelche, eine Patene und ein Llostienteller minder durch
ihr künstlerisches Gepräge als durch den Umstand beachtenswerth, dass diese Ge-
genstände ein Geschenk der Mitglieder des im Jahre 1741 zu Offenbach stattge-
fundenen Fürstenkongresses an die lutherische Gemeinde sind, deren Kirche damals
im Hau begriffen war. Den Deckel der Abendmahlskanne schmückt eine zierliche
Statuette des apokalyptischen Lammes mit der Siegesfahne. Im Fuss des Gefässes
steht die Inschrift:

DONUM . CONVENT. PRINC . OFFENB . MDCCXXXXI.

Ueber die Veranlassung des Offenbacher Fürstenkongresses sei bemerkt, dass
die älteren deutschen Fürstenhäuser das längst von ihnen beanspruchte Recht, bei
der Feststellung der kaiserlichen Wahlkapitulation mit den Kurfürsten mitzuwirken,
gelegentlich der Wahl Kaiser Karl VII. auszuüben Willens waren. Um in der
Nähe der Krönungsstadt Frankfurt zu berathen, wurde Offenbach als Versamm-
lungsort vereinbart. Der Kongress tagte von April bis Dezember des genannten
Jahres und die Sitzungen wurden in einem Saale des Isenburgischen Schlosses
gehalten. Wenige Jahre nach diesen Berathungen erhob der Kaiser den Grafen
Wolfgang Ernst von Isenburg in den Fürstenstand. Auch die Grafen Hohenlohe-
Schillingsfürst, Hohenlohe-Bartenstein, Solms-Braunfels und Stolberg-Gedern erhielten
damals die reichsfürstliche Würde.
Franz. jjje französisch-1'eformirte Kirche wurde durch eingewanderte reformirte

relorm. Kirche J J °

Franzosen erbaut, welche nach der Aufhebung: des Ediktes von Nantes in die
unteren Maingegenden gezogen waren, wo ihnen Graf Johann Philipp von Isenburg
und Büdingen auf seinem Territorium Zuflucht und die Erlaubniss zur Gründung
von Kirchengemeinden gewährte. (S. Neu-Isenburg S. 124.) Am 7. Mai 1717
wurde der Grundstein des Gebäudes gelegt und am 1. Mai 1718 wurde der erste
Gottesdienst darin gehalten. Bei diesem Bauwerk erklärt sich die Schlichtheit der
Anlage und Ausstattung aus naheliegenden Umständen. Die bescheidene Kirche
ist von rechteckigem Grundplan; ihre Hochwände sind von ungegliederten Fenstern
mit geradlinigem Abschluss durchbrochen. Ueber dem Portal erscheint in einem
 
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