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Schaefer, Johann Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Kreis Offenbach — Darmstadt: Bergstraesser, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.18296#0162
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KREIS OFFENBACH

scheinlich den Zugang der Emporen des Inneren vermittelte und wohl jüngeren
Holzplastik U rsprunges war. — Von älteren Kunstwerken enthält die jetztige katholische Kirche
zwei Werke der Holzplastik aus dem 15. Jahrhundert. Es sind unterlebensgrosse
Statuen der Madonna und des Jüngers Johannes, nach Haltung und Ausdruck
offenbar Seitenfiguren einer Kreuzigungsgruppe. Die Gestalten sind edel bewegt
und in lange Gewänder gehüllt, deren Falten in gutem Wurf niederfhessen. Leider
haben die Statuen durch moderne Uebermalung manches von ihrem alten Aus-
sehen eingebüsst. Das Antlitz der Madonna ist erfüllt von einem Zug tiefen
Schmerzes. Auch der Kopf des aufblickenden Johannes ist von trefflicher Charak-
teristik und erinnert in der Behandlung des Lockenhaares an die Würzburger
Taufstein Schule des Tilmarm Riemenschneider. — Der Taufbrunnen ist ebenfalls älteren
Ursprunges und besteht aus einem oktogonalen Becken auf polvgonem Fuss. Das
Material ist bunter Sandstein. Die Grundformen sind entschieden gothisch. Die
Ornamentation hingegen folgt den Gesetzen der Renaissance. Dahin gehört auf
der vorderen Beckenwandung das Reliefwappen des Kurfürsten Wolfgang Dalberg
von Mainz und daneben ein zweites, ähnlich stvlisirtes Wappen mit Vogelkrallen,
die durch Sehwimmhäute verbunden sind. Darunter steht die Jahreszahl 1592.
Weiterhin folgen die Worte : CONRADT ■ MEYLACH ■ PFARH -HM" PAVM"

und das Steinmetzzeichen

Auf dem Rande des Beckens steht die moderne

Inschrift des Geschenkgebers »Valentin Wirsching, weiland Sattlergeselle dahier«.
Woher der Taufstein stammt, ist unbekannt; das Kurfürstenwappen macht übrigens
die Herkunft aus einer Kirche der Mainzer Erzdiözese wahrscheinlich. — Die in
der Sakristei aufbewahrte Monstranz folgt in der sonnenartigen Gestaltung wie in
der Ornamentation den Formen des Rococo. Die vergoldete Lunula wächst aus
einer Garbe silberner Aehren und Trauben hervor und ist von einer Engel-
glorie und bunten Glasflüssen umgeben. Am Fusse erscheint das apokalyptische
Lamm auf dem symbolischen Buch mit sieben Siegeln.
Schloss Wird die Sakralbaukunst der Stadt Offenbach durch die drei geschilderten

evangelischen Kirchen in einer keineswegs hervorragenden Weise vertreten, so
nimmt dafür das Fürstlich Isenburgische Residenzschloss einen um so glänzenderen
Rang ein im Bereich der Profanarchitektur. Dieser Fürstensitz der Renaissance
steht da als ein sprechendes Denkmal der Kulturbewegung des 16. Jahrhunderts,
einer Zeit, in welcher das zu selbstständiger Bedeutung erstarkte Fürstenthum den
Begriff seiner Herrschaft wie in staatlichen Neugestaltungen so auch auf dem Gebiet
künstlerischer Schöpfungen, insbesondere durch die Anlage prunkvoller Schlösser,
auszusprechen bestrebt war.

Das Schloss ist die dritte Herrenburg, welche im Laufe der Zeiten auf der-
selben Stelle am Mainufer sich erhebt und den Stromlauf beherrscht. Dem Bau-
werk, wie es heute in die Erscheinung tritt, ging eine gothische Burg vorher,
deren Entstehung in die Mitte des 15. Jahrhunderts zurückgeführt wird. Dieses
Gebäude war schon nach einem Säculum in Verfall gerathen. Ein Umbau wurde
beschlossen, als in Folge der mit der Ronneburger Linie im Jahre 1556 vor-
 
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