KREIS OFFENBACH
Diesen Tempel erbaut' ich dem Herrn mit frommem Gemüthe,
Führte auch reichliches Gut einstens den Brüdern daher;
Und der Heil'gen Gebein' unterm Hochaltare begraben
Bracht' ich zusammen, wie sie Rom mir im Leben geschenkt.
Hic mirare novem säeclis servata viator
Ossa prius tumulo quae jacuere rudi.
Ast ubi cura PETRI abbatis, gratissima coelo,
Splendori templum reddidit orane novo;
Has FUNDATORUM exuvias nil passa teneri
Saxo humili, tumbä nobiliore locat.
Ossa tacent, marmorque tacet, sed fama loquetur
EXCeLsas LaVDes
Non MorltVra
Petrl.
Hier, o Pilger, bewundere durch neun Jahrhundert' bewahrte
Menschengebeine, die einst lagen in kunstloser Gruft.
Aber da Petrus' des Abtes dem Himmel gefällige Sorge
Dieses geheiligte Haus gänzlich erneuet im Glanz,
Wollte der Stifter geheiligte Reste nicht länger er lassen
In dem so dürftigen Sarg, barg sie in edlerem Schrein,
Bein, das schweigt, es schweiget der Stein; doch der Ruf er verkündet
Petrus' erhabenes Lob, das mit dem Leibe nicht stirbt. *)
Das Chronogramm im letzten Pentameter ergibt durch Addition der römischen
Majuskeln die Jahreszahl 1722.
Grabplatten und An den Wänden der Einhard-Sepultur stehen mehrere Denksteine imd Statuen
umher. Die Denksteine sind einfache, aus dem Transept hierher versetzte Grab-
platten der Aebte Leonard I, f 1653, Nikolaus II, f 1676, Franz I, f 1695,
und des vierundsechzigsten und letzten Abtes, Marcellin II, f 1815. — Unter
den Statuen in Holz kommt einer beschädigten Heiligenfigur ohne Arme das
höhere Alter zu. Der Pilgerhut dürfte auf den Apostel Jakobus den Grösseren
oder auf den h. Sebald schliessen lassen. Die stylistische Behandlung des gegürteten
Gewandes, dessen Falten frei von knitteriger Manier in ungebrochenem Wurf
herabwallen, deutet auf die Enstehung der Figur vor der Mitte des 15. Jahr-
hunderts. — Eine sitzende Statue der h. Anna aus der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts ist durch Ueberreste alter Polychromirung schon desshalb beachtens-
werth, weil sie der modernen Wiederbelebung der bunten Bemalung religiöser
plastischer Werke als Muster dienen kann. — Die fast lebensgrossen Figuren,
Christus und die zwölf Apostel, wurden bei der letzten Renovation durch über-
eifrigen Purismus aus dem Mittelschiff entfernt, wo sie die Arkadenpfeiler schmückten.
*) Vergl. die Uebersetzung i. d. Schrift: Franz Hell, Seligenstadt und seine Merkwürdigkeiten. Seligen-
stadt 1879. S. 25.
Diesen Tempel erbaut' ich dem Herrn mit frommem Gemüthe,
Führte auch reichliches Gut einstens den Brüdern daher;
Und der Heil'gen Gebein' unterm Hochaltare begraben
Bracht' ich zusammen, wie sie Rom mir im Leben geschenkt.
Hic mirare novem säeclis servata viator
Ossa prius tumulo quae jacuere rudi.
Ast ubi cura PETRI abbatis, gratissima coelo,
Splendori templum reddidit orane novo;
Has FUNDATORUM exuvias nil passa teneri
Saxo humili, tumbä nobiliore locat.
Ossa tacent, marmorque tacet, sed fama loquetur
EXCeLsas LaVDes
Non MorltVra
Petrl.
Hier, o Pilger, bewundere durch neun Jahrhundert' bewahrte
Menschengebeine, die einst lagen in kunstloser Gruft.
Aber da Petrus' des Abtes dem Himmel gefällige Sorge
Dieses geheiligte Haus gänzlich erneuet im Glanz,
Wollte der Stifter geheiligte Reste nicht länger er lassen
In dem so dürftigen Sarg, barg sie in edlerem Schrein,
Bein, das schweigt, es schweiget der Stein; doch der Ruf er verkündet
Petrus' erhabenes Lob, das mit dem Leibe nicht stirbt. *)
Das Chronogramm im letzten Pentameter ergibt durch Addition der römischen
Majuskeln die Jahreszahl 1722.
Grabplatten und An den Wänden der Einhard-Sepultur stehen mehrere Denksteine imd Statuen
umher. Die Denksteine sind einfache, aus dem Transept hierher versetzte Grab-
platten der Aebte Leonard I, f 1653, Nikolaus II, f 1676, Franz I, f 1695,
und des vierundsechzigsten und letzten Abtes, Marcellin II, f 1815. — Unter
den Statuen in Holz kommt einer beschädigten Heiligenfigur ohne Arme das
höhere Alter zu. Der Pilgerhut dürfte auf den Apostel Jakobus den Grösseren
oder auf den h. Sebald schliessen lassen. Die stylistische Behandlung des gegürteten
Gewandes, dessen Falten frei von knitteriger Manier in ungebrochenem Wurf
herabwallen, deutet auf die Enstehung der Figur vor der Mitte des 15. Jahr-
hunderts. — Eine sitzende Statue der h. Anna aus der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts ist durch Ueberreste alter Polychromirung schon desshalb beachtens-
werth, weil sie der modernen Wiederbelebung der bunten Bemalung religiöser
plastischer Werke als Muster dienen kann. — Die fast lebensgrossen Figuren,
Christus und die zwölf Apostel, wurden bei der letzten Renovation durch über-
eifrigen Purismus aus dem Mittelschiff entfernt, wo sie die Arkadenpfeiler schmückten.
*) Vergl. die Uebersetzung i. d. Schrift: Franz Hell, Seligenstadt und seine Merkwürdigkeiten. Seligen-
stadt 1879. S. 25.