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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Ehemaliger Kreis Wimpfen — Darmstadt, 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.18713#0061
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EHEMALIGER KREIS WIMPFEN

theils geraden, theils gewundenen und sphärische Dreiecke bildenden Maschen,
und treffen sich am Gewölbescheitel im Formenspiel dekorativer Schwingungen
und Durchkreuzungen unter Hintansetzung jeglichen Merkmales des Tragens oder
Stützens.

Schlusssteinc Auch die Schlusssteine verdienen Beachtung. Während der Schlussstein im

östlichen Schmaljoch einen Reliefschild mit dem aufgemalten Bild der Madonna und
des Jesusknaben enthält, zeigt derjenige im folgenden grösseren Joch den Doppeladler
des alten deutschen Reiches und den einköpfigen Wimpfener Adler mit Schlüssel im
Schnabel auf gestirntem Hintergrund. Zwischen den beiden heraldischen Thieren er-
scheint von Wolken umgeben eine Hand mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger,
ein Symbol, das in dem gegebenen Zusammenhang als Gerechtigkeitshand und nicht
in der sakralen Bedeutung als Symbol der ersten Person der Trinität zu fassen sein
wird. Weiterhin tritt das Wimpfener Reichsstadtwappen nochmals in
einem Rund auf. Die zwei nächsten Schlusssteine zeigen auf Schilden
eine gekrönte Schlange zwischen den Schmiede- und Schlosserattri-
buten Hammer und Zange auf dem einen, und der Koberermarke
auf dem anderen Schilde. Im folgenden Mittelschiffjoch enthält der
Schlussstein über der Orgelempore ein gevierteltes Wappen (von Ven-
ningen ?) mit zwei gekreuzten Scepterpaaren und je einem rothen Stern in zwei schwarz-
weissen Feldern, worauf am Gewölbe unter der Empore ein Schuh auf goldenem
Grund die Reihe der Verzierungen an den Mittelschiff-Schlusssteinen beendigt. Die
Bemalung der Schlusssteine ist neu nach alten Vorbildern.

Den Arkadensäulen des Mittelschiffes entsprechen an den Hochwänden der

Nebenschiffe Nebenschiffe schlanke Dreiviertelsäulen, die aus spiralförmigen Basamenten auf-
steigen, in halber Fensterhöhe ohne Kapitälvermittelung als Rippenwerk sich ver-
zweigen und an der Wölbung in Rautenfelder übergehen. Skulptirte Schlusssteine
fehlen auch hier nicht; im südlichen Nebenschiff sieht man in der Richtung von Ost
nach West folgende Reliefbilder: heraldischer bekrönter Löwe in den Pranken einen
Stab tragend (Patrizierfamilie Haug?);*) Schild mit geöffneten und geschlossenen
Scheeren; Lastwagen mit Fuhrmann zu Pferd ; Schild mit hackbeilähnlichen Abzeichen
und der Jahrzahl 1573; halbirter Schild, worauf einerseits eine J ünglingsfigur, die einen
Aehrenbüschel trägt, anderseits Schöpfgefässe, theils freischwebend, theils mit Stangen
versehen, wahrscheinlich Attribute der Brauerzunft, darunter ein unleserliches Spruch-
band. Der über der Orgelempore angebrachte Schlussstein enthält das Bild eines
Bischofs mit Mitra, Krummstab nebst Sudarium und einer Walkerstange; vor dem
Bischof (St. Benignus ?) steht ein Schild mit zwei gekreuzten Weberschiffchen im Felde.
Der unterhalb der Empore befindliche letzte Schlussstein des südlichen Nebenschiffes
zeigt die Jahrzahl 1517 und St. Wendelin, als Beschützer der Heerden von Lämmern
umgeben, eine Gruppe, die auffälliger Weise nicht ausgemeisselt, sondern auf ein
starkes Papierblatt gemalt und dem Schlussstein aufgeklebt ist. — Im nördlichen
Nebenschiff enthalten die Schlusssteine in der Richtung von West gen Ost fol-
gende Abzeichen: am Gewölbe unter der Orgelempore einen Kessel mit darüber

*) S. u. Abhandlung Hohenstadt, Glasgemiilde.
 
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