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Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 2): Die Kunstdenkmäler des Kreises Villingen — Freiburg i.Br., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.2147#0109

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102 KREIS VILLINGEN.

Auch die Thoranlage geht offenbar in die Zeit der Stadtgründung zurück. Eine
Urkunde von 1290 nennt: 'area aestuarii (Hofstatt eines Bades) ante Portam
süperiorem oppidi Vilingen inter duos muros situata (FU. V 216). Die drei
noch stehenden Thore gehören dem 16. Jahrhundert an: 1533 wurde das Riet-
und das Bickenthor abgeI)roehen, 'seind vorm Abbrechen 500 Jar gestanden'
(Quellens. II 108), 1,541 ist das Rietthor laut Inschrift erbaut worden. Der
Neubau des Niedern Thores geschah 1721, der des äussern Bickenthores 1737
(Handschriftl. Chron.).

11. MAUERTHÜRME.

Zu den Mauerthürmen in der Innern Stadtmauer gehörten drei kleine
sog. Wachtthürme, von denen noch einer steht (beim jetzigen Spital) und die zwei
grösseren: der Kaiserthurm (jetzt Schnabelsthurm) auf der (istlichen und der
S. Michaclsthurm auf der westlichen Seite der Stadt. Jener ist um das Jahr
1372 erbaut worden, laut folgender Inschrift auf der rechten Seite des Eingangs:

CCC° LXX° ßHCVOO •

Da bloss die Ecken aus Quadern bestehen, und die Mauern unten nur 1,50 m dick
sind, so ist kaum anzunehmen, dass der Thurm zur. Vertheidigung gegen Feuer-
geschütze bestimmt war. Diesen Zweck hatte aber der an der westlichen Seite ganz
aus Quadern construirte S. M ichaels thurm, dessen Mauern bis zur Mitte eine
Dicke von 2,65 m aufwiesen. Die Erbauung seiner untern Hälfte fallt wol in den
Anfang des 15. Jhs., die der obern, wie aus der Verschiedenheit der Mauerung
und der Farbe der Steine zu ersehen ist, einige Jahrzehnte später. Die beiden
nach rechts gelehnten Wappenschilde, die in zwei grossen Steinen unmittelbar über
der oberen Oeffnung ausgehauen sind und von denen der rechts noch einen Helm
mit dem österr. Pfaucnschweif zeigt, deuten nicht erst auf das Jahr 1530, ihrer
Einsetzung hin (wie Schleicher Beitrag I 82 meint); auch an einem Privathause
in der Färbergasse gewahrt man über einem österr.-villingischen Allianzwappcn von
1430 den Pfauenschweif.

Seine Aufgabe, die westliche Stadtseile gegen einen feindlichen Angriff von
dem nahen Hügel, dem sog. Hubclloch (bedeutet wörtlich Hügelwald), zu decken,
hat dieser Thurm trefflich erfüllt. Den Wttrttemhergern hat er«im Spätjahr [633
und den Franzosen im Juli 1704 siegreichen Trotz geboten und nur wenige Be-
schädigungen an den nördlichen Ecken erlitten. Koch mag erwähnt werden, dass
dieser Thurm, der früher auch der Diebsthurm hiess, in seinem untern Geschoss
u. a. 1497/98 dem durch Sage und Dichtung bekannten Villingcr I.ocalheldcn,
Romeius Mans, dessen Persönlichkeit übrigens geschichtlich beglaubigt ist (Hug*8
Chronik S. 3— 5, 12, 51) zum unfreiwilligen Aufenthalt gedient hat, Das Bild
dieses Landsknechts, mit erklärenden Versen, seit dem Anfang der 1850er Jahre
an der nördlichen Seite des Thurmes, war früher, seit dem n>. Jh., an dei äussern

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