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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0052

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XLVIII EINLEITUNG.

der Reformation hat er sich frühe interessiert und wohnte 1529 dem Religions-
gespräch in Marburg bei. Gleich nachher dient er wieder dem König von
Frankreich, zerwirft sich aber mit dem Connetable von Montmorency, kehrt
wieder zu den kaiserlichen Fahnen zurück und kämpft gegen Frankreich, wird
gefangen, vom Haus Habsburg im Stich gelassen und endlich von seinem Bruder
Friedrich ausgelöst, um fünf Jahre nachher auf Ortenberg, das auch er als
Residenz bevorzugte, an Geist und Körper zerrüttet zu sterben. Insbesondere
durch seine Stellung zur Reformation — nahm er doch auch an dem Schmal-
kaldischen Kriege teil — hatten sich seine Beziehungen zu dem Kaiser immer
mehr verschlimmert, und so mußte er 1548 die Regierung an seinen Bruder, den
Grafen Friedrich, abtreten.

Dies in groben Zügen die Lage des Landes um die Wende vom 15. zum
16. Jh. Unsere am Schlüsse des Bandes beigegebene historische Karte ermög-
licht einen Überblick über die Besitzverhältnisse: es ist dazu zu bemerken, daß
auf ihr im allgemeinen der Zustand um die Mitte des I5.jhs. geschildert ist,
daß es sich aber empfahl, für die fürstenbergischen Lande schon die Abrundung
derselben am Ende des Jahrhunderts durch die geroldseckischen Verkäufe

wiederzugeben. (Wtk.)

* *

*

Über den kirchlich-religiösen Geist am Schlüsse des Mittel-
alters gewähren uns die zugänglichen Dokumente nicht allzuviel Einblick.
Dürfen wir aber einen Rückschluß wagen aus der raschen und weiten Verbreitung
und den kirchenfeindlichen Zug der Bauernerhebung und der Reformation, so
ergibt sich daraus nicht gerade ein erfreuliches Bild von der religiösen Haltung
des Volkes. Im Anfang des 17. Jhs. schilderte der Offenburger Pfarrektor Rapp1)
in einem Rückblick auf die Zustände in seiner Pfarrei während der beginnenden
Reformation, daß viele Pfründeinhaber, meist dem Adel angehörig, lieber nach
Straßburg gezogen und daß der Gottesdienst auch von den an Ort und Stelle
Anwesenden arg vernachlässigt worden sei; ein Adeliger habe innerhalb 30 Jahren
die Kanzel nicht betreten. Man wird sich gewiß hüten müssen, die schweren
und häufigen Anklagen eines Geiler oder Sebastian Brant gegen den Klerus zu
verallgemeinern; aber die Zustände in den großen und reich gewordenen Klöstern,
in Gengenbach, weniger vielleicht in Schuttern, sowie in Wittichen, am Schlüsse
des Mittelalters sind doch unleugbare Erscheinungen und Zeugen einer tiefen
sittlichen Verwilderung. Gengenbach war ja seit dem Anfang des 15. Jhs. nur
noch eine Versorgungsanstalt des Ortenauer Adels geworden; 1461 wurde der
Ausschluß bürgerlicher Elemente geradezu zum Klosterstatut erhoben. Reform-
versuche wie durch Aufnahme in die Bursfelder Kongregation (1463), der auch
Schuttern um diese Zeit beitrat, oder der Reformplan des Kardinals Peraudi

x) K. Walter, Bericht des Kirchherrn Lazarus Rapp über die Pfarrei zu Offenburg vom
26. Oktober 1616, Karlsruhe 1892, und Staudenmaier im Freib. Kirchenbl. 1880, Nr. 4 ff.
 
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