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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0478
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362

KREIS OFFENBURG.

Geschichte
des Klosters

Alte Ansicht des Klosters samt der Einbethkapelle auf einem ehemaligen Altarblatt
dieser Kapelle ca. 1690 (Abb. inSchauinsl. 20, S. 17) und auf einem Ölgemälde in Privatbesitz.

Die in ihren Anfängen offenbar bedeutende und reich dotierte Abtei Gengenbach
hat weder auf dem Gebiet der Wissenschaften noch auf dem der äußeren Geschichte
Hervorragendes geleistet; um so bemerkenswerter ist ihre Rolle in wirtschafts- und ver-
fassungsgeschichtlicher Hinsicht, in die uns verhältnismäßig reichhaltiges Aktenmaterial
einen guten Einblick gestattet. Eine treffliche, zusammenfassende Darstellung nach dieser
Seite hat Gothein geliefert; eine allgemein geschichtliche Würdigung fehlt hingegen noch
vollständig. Nicht als ob die Vergangenheit dieser Abtei, die schließlich für den Ortenauer
Adel ein geistiges und materielles Zentrum bildete und deren Schicksale während der
Reformation von typischem Charakter sind, nicht bedeutsam genug wäre, auch fließen
die Quellen reichhaltig genug, so daß die Entwickelung für jedes Jahrhundert vom
11. Jh. ab fast lückenlos daraus aufgebaut werden kann. Für die Zeit des Investiturstreites
sind wichtig die aus dem 12. Jh. stammenden kaiserlich gefärbten Annales Gengenbacenses;
einen Querschnitt der rechtsgeschichtlichen Entwickelung aus der ersten Hälfte des
13. Jhs. geben die Acta Gengenbacensia. Noch reichhaltiger wird das Material in den
turbulenten Zeiten des 16. Jhs.; vom 17. Jh. ab bilden dann die von dem jeweiligen Prior
zu führenden Protocolla'j eine schätzbare, wenn auch nicht ganz lückenlose Chronik,
zu der vor allem Prior und späterer Abt Thalmann (1661 bis 1681), Hieronymus
Ziegler, Prior von 1681 bis 1694 (mit Kürzungen benutzt von P. Gallus Mezler,
FDA. XIV, S. 159—215), Prior Nazarius Pistorius (bis 1703), Prior Huber und
besonders Prior Augustinus Dornblüth (von 1703 bis 1725) beigesteuert haben. An
wertvolleren geschichtlichen Aufzeichnungen sind von diesen Klosterchronisten größten-
teils wörlich aufgenommen die anschaulichen Berichte des Priors Leonhard F e i n 1 e i n
sowie die für den Stand der Klosterdisziplin besonders beachtenswerten Protokolle des
Capitulum biennale der Straßburger Benediktinerkongregation.

Als Gründer des Klosters Gengenbach wird in dem ältesten Zeugnis, einer von
Crusius und Grandidier2) publizierten, bezüglich ihrer Echtheit aber stark ange-
zweifelten Urkunde Karls des Dicken (ca. 885), Ruthardus dux genannt. Nach den
Gengenbacher Annalen starb dieser Herzog, dem auch die Gründung des Klosters von
Schwarzach zugeschrieben wird, gegen 756 und fand wie seine Gemahlin Irmensinde und
ein minderjähriges Söhnchen in dem von ihm ins Leben gerufenen Kloster seine letzte
Ruhestätte; die Schutterner Chronik gibt ihm den Titel dux Alsatiae und comes a Zeringe.
Dieser Rudhard scheint der fränkische Gaugraf gewesen zu sein, dessen Stellung zum
fränkischen Reich nach Mone3) auch die Bezeichnung Herzog rechtfertigen kann, während
der Umstand, daß die Zähringer gleichfalls eine Grafschaft in der Ortenau besaßen, es
verständlich macht, daß die Überlieferung ihn zu einem Abkömmling dieses Dynasten-
geschlechtes machte. Eine weitere Tradition schreibt die Gründung auch noch dem
h. Pirmin zu;4) die beiden Angaben widersprechen sich an und für sich keineswegs, da
die Stiftung Rudhards bezüglich der Art ihrer Ausführung von Pirmin beeinflußt sein

!) Vgl. hierüber Fr. Baumgarten in Z. NF. VIII, S. 441 ff.
2) Grandidier, Hist. de l'egl. II, Nr. 152.

8) Mone, Quellensammlungen III, S. 57 ff. Vgl. über Rudhard noch weiter Gerbert, Hist.
Nigr. Silv. I, S. 60 ff. Grandidier, Hist. de l'egl. I, S. 421 ff.
4) Vita Pirmini c. 5, Mon. Germ., S. 15, 26.
 
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