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Wingenroth, Max; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 7): Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg — Tübingen, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.1370#0515

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AMT OFFENBURG.

GENGENBACH.

395

Auch die Barockkanzel mußte weichen. 1715 war sie durch den Schwager des Kanzel
P. Joachim Schneider, den dieser mannigfach begünstigte, errichtet worden. Der Chronist
Dornblütb fugt der Notiz boshaft hinzu: »quippe parochi sub d. Augustinus abbate
ad nullas redditiones rationum obligabantur et sie ut absoluti domini reddituum suorum
eos pro lubitu vel consumabant vel fundatores rerum quarundam se faciebant«.1) Sie
scheint ein wirkungsvolles Schnitzwerk gewesen zu sein, mit Figuren an der Brüstung
und reichen Voluten auf dem Schalldeckel. Im entsprechenden Stil die zwei ebenfalls
abgebrochenen Seitenaltäre mit Putten, Ölgemälden etc.

Von der Ausstattung der früheren Zeit ist dagegen noch der hübsche Taufstein in
typischer krauser Rocailleform erhalten (Sandstein); der holzgeschnitzte Deckel zeigt die
Taufe Christi.

Seit dem 14. Jh. wurde der Chor der Kirche von dem Langhaus durch einen Lettner Lettner
geschieden. Er war durch den Abt Konrad von Blumberg (um 1400) errichtet worden.
Über ihm hing ein gewaltiger Holzkruzifixus herab, den nach Inschrift Lambert de Burne
ca. 1385 zum erstenmal restaurieren ließ. Die zweite Reparatur erfuhr er 1600, eine
dritte 1686. Drei Jahre nachher fiel das offenbar sehr alte Stück den Flammen der
Franzosen zum Opfer. Der Lettner aber wurde als hinderlich 1669 abgebrochen.

Die Stelle in der zitierten Chronik lautet darüber:2)

»Nam fastigium, quod navem ecclesiae et chorum intersecabat et impediebat populum, ne

caeremonias videre posset in choro peragi, destrueta et amota est...... Fastigium hoc con-

struetum erat ab abbate huius monasterii, Conrado de Bluomberg. Supra fastigium et altare s. crucis
crux lignea in alto pendebat, non modicae magnitudinis, supra cuius summitatem in transversa trabe
affixa erat tabula cum sequenti scriptura: Reverendissimus in Christo pater ac. d. d. Lambertus
de Burnen, ex Neovillensi monasterio postulatus abbas huius loci, qui ob raram doctrinam, prudentiam
et rerum usum dei et apostolicae sedis gratia per Urbanum V et Carolum IV imperatorem ad epi-
scopum Argentinensem, Spirensem et Bambergensem promotus hanc crucem cum impositis de ipsa
s. cruce aliorumque sanetorum reliquiis primum renovari fecit.«

Dazu die Notiz des Chronisten Ziegler über die zwei weiteren Renovationen.

Das interessanteste Stück, das die Kirche von ihrer früheren Ausstattung bewahrt,
ist wohl das heilige Grab in der Marienkapelle, das Konrad von Mülheim zusammen Heiliges Grab
mit dieser 1505 errichten ließ. Es befindet sich zwischen den beiden Nordfenstern der-
selben, ist etwa 5,45 m hoch, 2,6 m breit und 90 cm tief mit seinem Untersatz (s. Fig. 222).
Pfeiler mit Flachnischen, denen Säulchen auf hohen steilen Basen vorgelegt sind, tragen
den Baldachin, der in zwei Eselsrückenbogen sich nach vorne öffnet, zwischen denen ein
neuer Pfeiler in die Höhe führt. Er ruht auf einer Konsole, an der ein flatterndes Engel-
figürchen das Wappen der Mülheim hält. Überall schneiden sich die mit krausen Krabben
besetzten Bögen und es entstehen so die kapriziösesten Formen, zumal das Maßwerk
oben die naturalistischen Formen des Astwerks annimmt, bis endlich die Pfeiler über einer
Maßwerkgalerie in Fialen mit teilweise herabgeschlagenem Abschluß endigen. Im Innern
ein zweiteiliges Kreuzgewölbe. Am Sockel in Hochrelief die schlafenden Wächter. Der
Leichnam Christi von guter Durcharbeitung mit stark hervortretenden Adern und edler
Kopf bildung. An der Rückwand auf kleinen Konsolen zwei Engel mit Weihrauchfässern,
zwischen ihnen die drei h. Frauen, vornehme Gestalten mit edlem vollem Gesichtsoval
(s. Fig. 223). Auf der Konsole mit dem Stifterwappen in kleinerem Maßstab der Auf-

*) Z. NF. 8, S. 700.
2) Ebenda S. 474.
 
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