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Kekulé von Stradonitz, Reinhard
Über eine weibliche Gewandstatue aus der Werkstatt der Parthenongiebelfiguren — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.867#0003
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I.

Die Statue, von der unsere vier Lichtdrucktafeln eine Vorstellung geben sollen, befindet
sich seit dem Mai 1892 in dem Besitz der Königlichen Museen zu Berlin. Sie ist aus pentelischem
Marmor und misst von der Fusssohle bis zur Schulter 1,58 m.; mit dem Kopf würde sie etwa
1,90 hoch sein. Die Grösse übersteigt demnach die Natur um 10 bis 20 Centimeter. Es ist
das gleiche Verhältnis, wie das bei der Kasseler Statue der Athena angewendete. Die Venus
von Milo ist etwas grösser (2,o3); noch mächtiger sind die Maasse der Parthenongiebelfiguren.

Als die Statue, nicht lange vor dem Ankauf, in Venedig im Kunsthandel auftauchte,
bot sie den Anblick dar, den die vorstehende Abbildung verdeutlicht. Es war nicht leicht,
den Eindruck reiner griechischer Schönheit aus dem durch aufdringliche Ergänzungen verwirrten
Gesammtbilde zu retten. Als ich die Statue" zum ersten mal in einem halbdunkeln Raum nur
von vorn und von unten her beleuchtet sah, war ich erregt, aber unentschieden und unklar in
meinem Urteil. Aber durch Wochen und Monate verfolgte mich Tag und .Nacht dies Bild —
bis endlich die Erwerbung für die Königlichen Museen erfolgt ist. Jetzt, nachdem die Statue
von den modernen Entstellungen so weit als möglich befreit und im Hellen bequem sichtbar
aufgestellt ist, zweifelt niemand mehr daran, dass in ihr ein überaus köstliches Bruchstück der
edelsten attischen Kunst gerettet ist.

Die Statue befand sich, ehe sie in den Kunsthandel kam, in der Villa Brazzä ai Fornacci
bei Dolo zwischen Venedig und Padua. Ueber ihre früheren Schicksale bin ich nur durch
Nachrichten unterrichtet, die auf mündlicher Ueberlieferung beruhen und die in einem Punkte
 
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