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Schumann, Paul; Klinger, Max; Kunstsalon Keller & Reiner
Max Klingers Beethoven — Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.70308#0006
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Namen bisher geschaffen, erscheint uns klein und unbedeutend vor diesem
Werk, das ein dem großen Tonheroen kongenialer Meister schuf, um
den Dank abzutragen für die tiefsten musikalischen Offenbarungen, die je
durch das Ohr in unsere Seele drangen, um dem innerlichen Bilde des
Schöpfers der neunten Sinfonie Ausdruck zu geben und diesem ein
Denkmal zu setzen, so erhaben, so eigenartig, so hinreißend, wie es noch
keinem Meister der Töne zu teil ward.
Aus den kostbarsten und edelsten Stoffen ist das Werk hergestellt:
Gold und Elfenbein, Bronze, Marmor und edle Steine sind zum Kunst-
werk vereinigt. Auch Ebenholz war ursprünglich für einen Teil — den
Adler — vorgesehen; aber es hat sich als unzweckmäßig erwiesen und ist
durch Marmor ersetzt worden. Vielleicht mag es zunächst als ein äußer-
licher Gedanke erscheinen, der Verehrung für einen der größten Menschen,
den die Erde hervorgebracht hat, auch durch die kostbarsten Stoffe Aus-
druck zu geben, wenn indessen der innere Gehalt eines Kunstwerkes so
über Stoff und Form herrscht, wie bei Klingers Beethoven, so wird man
sich nur freuen, daß dem edelsten Kunstzweck auch die kostbarsten Stoffe
dienstbar gemacht worden find.
Bekannt ist, daß Max Klinger der Farbe in der Plastik hohe Be-
deutung zumißt. In der Farbe hat der Bildhauer eines der wichtigsten
Mittel, die Wirkung abzutönen und zu höchster Kraft zu steigern. Max
Klinger hat darum in den meisten seiner Bildwerke der Farbe eine nicht
geringe Rolle zugewiesen, und wie aus der ersten Skizze in seinem
Atelier hervorgeht, hat er sich auch seinen Beethoven von vorn herein
farbig gedacht. Wir sehen da den tragenden Stein des Ganzen blau,
Beethovens Gewand in kräftigem Rot gemalt, auch Haar, Lippen und
Augen weisen Farbe auf. Im vollendeten Kunstwerk aber ist diese
Farbenwirkung weiter entwickelt: sie ist nicht durch Bemalung, sondern
durch die natürliche Verschiedenfarbigkeit der verwendeten Steine und
Metalle erzielt und erscheint so in hehrer Läuterung. Der tragende
Stein ist wirr geaderter dunkelrotvioletter Marmor aus den Pyrenäen;
aus schwarzem, leicht weiß geadertem Pyrenäen-Marmor ist der Adler
gemeißelt, der zu Füßen Beethovens sitzt; der ganz eigenartige Thronsessel
ist aus Bronze gegossen, die geschwungenen Armlehnen erglänzen in ge-
glättetem Golde. Beethovens nackter Oberkörper ist aus weißem Marmor
von Syra gebildet, über den Unterkörper und die Beine legt sich ein
 
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