Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

DOI Artikel:
Atelier-Notizen - Personalnachrichten - Ausstellungen, Sammlungen etc.- Denkmäler - Vermischte Nachrichten- Kunstliteratur - Vom Kunstmarkt - Briefkasten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0209

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oerimialnackrickteii — Ausstelluiigen, ^amnilunqen ic. z5y

Verhältuisse habeu, wie es scheinl, zusammengewirkt, uni in dem
friiher so lebenssrohen und durch seineu Humor erfrischenden
Manne den traurigen Entschlust zur Reife zu bringen. Aigner
wurde, als der Sohn eines Goldarbeiters, am 18. Jauuar 1818
in Wien geboren. Er follte Goldschmied werden, wurde jedoch,
aus iunerster Neigung, Maler. Der Genremaler Ritter uud der
berühmte Meister der 4llt-Wiener Porträtschule, der heute im
83. Jahre stehende Amerling, leiteten seine ersten Schritte. Das
Jahr 1848 mit seinen gewaltigen Berführungen rist auch den
jungen Künstler nüt sich fort, um ihn sodann hart am Tode vor-
über — Aigner war als nomineller Kommandant der Aka-
demischen Legion zum Tode venirteilt und nur aus Fürbitten
beini Fürsten Windischgrük begnadigt worden — auf einige Zeit
betäubt und für die Kunst gelähmt auf den Weg zu werfen.
Nachdem er sich wieder aufgerasft, fand er in der ueuen Lehre
Rahls sein Heil. Aigner erfastte nicht nur ungemein rasch die
Austerlichknten des geistvollen Meisters, sonderu er legte sich auch
in öessen ^chule den Grund zu jenem tüchtigen künstlerischeu Wissen,
welches von grösttem Einflust auf sein ganzes Schaffen geblieben
ist, mag er sich auch später von der Rahlschen Richtung, oder
vielmehr von dem, was ihm als deren Manier erschien, wieder
entfernt haben. Aigner war ansschliestlich Portrütist. Seine Bild-
nisse, welche meift den gewiegten, denkenden Künstler verraten,
zeichnen sich fast immer durch einen soliden und doch eleganten Zug
nuS. Ter Verblichene hat Personen aus fast allen Lebens-
stellungen gemalt, Aristokraten — auch Marschall Fürst Windisch-
grätz hat ihm später gesesjen — Künstler und Kunstsreunde
sNikolaus Dumba, sowie die meisten übrigen Gründer des Künstler-
hauses) Poeten (Grillparzer, Lenau, bereits wahnsinnig in der
Döblinger Heilanstalti, Feuchtersleben, Bettp Paoli, Männer der
Wisjenschast idie Mediziner Oppolzer, Dumreicher, Skoda, den
Historiker Äschbach >, den Sänger Ander u. s. w. Seine zahlreichen Da-
inenbildnisse zeichnen sich durch sinnige Ausfassung und einen gewissen
schwärmerischen Ülusdruck der Augen aus. Die Familie des Publizisten
Werthner i neun Personen) hat er anf einem Gnippenbilde vereinigt.
EinesseinerbestenWerke war endlich sein Selbstporträt. Das Bildn>s
des wahnsinnigen Lenau befindet sich im Besitze des greisen Dichters
Dr. L. A. Frankl, welcher bekanntlich mit Leuau innig befreundet
gewesen. Aigner gehörte lange zu den meistbeschäfligten Porträtisteu
Wiens und hat in früheren Jahren auch in hiesigeu Blättern
Kunstartikel veröfsentlicht.

Ausstellungrn, Sammlungrn rtr.
**Berlin. Jm National-Panorama iHerwarthstraste) wird
ein neues Nundgemälde zur Schau gestellt werden. Dasselbe
veranschaulicht den Kampf um Plewna.
** Berlin. Die JubiläumS-Ausstellung der Akademie
der Küuste wird von weit und breit sehr stark beschickt werden.
Schon beginnen sich die Stadtbahnbögen neben dem Aus-
stellungsgebäude mit den Sendungen zu süllen. Nach den
bisherigen Eingängen rechnet man auf rund 4000 Aussteller:
?lus Berlin 1000, aus München nnd Düsseldors je 500, aus
Dresden 200, aus Lsterreich-Ungarn 300, aus Rußland 200,
aus Tänemark und Schweden je 100, aus Jtalien 150, aus
der Schweiz 100, aus Spanien 50, aus Frankreich, Amerika
und Holland je 100, aus England 200, aus Deutschland außer
den bcreits genannten Orten 500 und an älteren vaterländischen
Kunstwerken seit den letzten 200 Jahren 500. Die Jury be-
ginnt bereits am 1. März ihre Thätigkeit.
** Berlin. Jndem oberstenGeschoßder Nationalgalerie
ist augcnblicklich vaS von vr. Paul Schumann uud der Tresdener
Kunsthandlung vou Advlf Gutbier zusammengestellte Museum
der italienischen Malerei in Photographien ausgestellt. Da
die Berliner Museen eine eigene shstematisch angelegte Photo-
graphiensammlung nicht besitzen, so bildete die dlusstellung eine
wesentliche Ergäuzung zu dem hier vereinigten Studienmaterial
zur Geschichte der nlteren Kunst. Die Ausstellung ist allerdings
nur auf 6 Wochen berechnet. Hofstntlich ^ird sjx für die Berliner
Museen die ?lnregung zu einer dlussüllung der enipfindlichsten
Lücken geben.
O. V. Berlin. Jm Rathause sind die Entwürfe für
zwei fernere Gruppen von Wandgemälden ausgestellt. Die
Bilder, wesentlich kleiner als die vor lurzem besprochenen Malereien
sür das Treppenhaus desselben Gebäudes, sollen den Korridor
vor dem Sitzungssaal des Magistrats schmücken. Jm Gegensatz
zu der vorigen öfientlichen Konkurrenz sind diesmal sür beide
Bildergruppen je drei nambaste Künstler mit der Ansertigung von

Entwürsen beauftragt, unter denen die Jury binnen kurzem ent-
scheiden wird. Für die erste Gruppe von 5 Bildern waren die
Maler August von Heyden, Georg Bleibtren und Jos.
Scheurenberg ausgewühlt. Die künstlerisch vollendetste Lösung
hat Bleibtreu gefunden, der hier in Nufgaben, die der Phanlasie
des Künstlers jeden erwünschten Spielrauin lasseu, noch glücklicher
als in seinen zahlreichen Darstellungen der kriegerischen Ereignisse
unserer Tage gewesen ist. Das Thema der beiden Hauptbilder
und der Jnhalt der einen Supraporte war von vornherein fest-
gesetzt. Nur in den beiden seitlichen Supraporten konnte der
Künstler den Stoff nach eigenem Ermesseu wählen. Bleibtreus
erstes Hauptbild, die Vernichtung der Märkischen Raubritter durch
die ersten Hohenzollern, führt uns in den Hof einer erorberten
Ritterburg. Dichter Schnee bedeckt den Bodeu. Jn kalteni Winter-
nebel verschwinden fast die Mauern und Zinnen der Feste. Obeu
aus dem Dachstuhl der Türme und anderen Gebäuden haben die
Flaminen das Holzwerk erfastt und beleuchten den prachtvoll ge-
malten Vorgang. Jn der Mitte hält auf eiuein iiiächtigen
Rappen der Kurfürst Friedrich und läßt die gefesselten Jnsassen
des Schlosses an sich vorüberführen. Die Gestalten sind auster-
ordentlich markig aufgefaßt und passen iu dem Trotz ihrer Er-
scheinung vortresflich zu ihrem Jahrhunderi. Bleibtreus zweites
Bild stellt die Verurteilung des Berliner Bürgermeisters Tyle
Wardenberg dar, der im Jahre 1380 wegen Friedensbruchs durch
das städtische Gericht zum Tode verurteilt wurde. Der Maler
hat das Tribunal auf einen öffentlichen Platz vor dem sagenhaften
Roland der Stadt verlegt. Auch sind die haudelnden Figuren
mit starkem Pathos und mit durchaus anderer Leidenschaftlichkeit
ersüllt dargestellt, als wenn es eine unserer heutigen Staats-
aktionen zu schildern gegolten hätte. Sehr ausdrucksvolle Figuren
hat der Maler auch in der Mutter und der Tochter des Berur-
teilten, die erschüttert zusammensinken, in die Handlung eingeführt.
Jn prächtigem Gegensatz zu der durchaus freien Anordnung dieser
beiden unteren Bilder steht die dem synibolischen Jnhalt recht
wohl entsprechende symmetrisch gebundene Komposition der drei
Supraporten. Auf dem Mittelbilde, die Vereinigung der beideu
Städte Berlin und Köln darstellend, reichen sich die beiden Bürger-
meister die Hand, daneben stoßen Herolde in die Posaune, um die
Bollziehung des Ereignisses der Bevölkerung zu verkünden. Wesent-
lich schöner erfunden sind die beiden benachbarten Felder, deren Jn-
halt der Künstler frei wählen durfte. Das eine zeigt die Ein-
führung der Reformation in den Marken. Eine weiß gekleidete
Frauengestalt, die neue Lehre darstellend, häll den Kelch des
Abendmahls und reicht einem würdigen Greise die Bibel. Da-
neben sind in fein abgewogenem Gleichgewicht der Massen Gruppen
aus der Bürgerschaft horcheud und der neuen Lehre lauschend
angeordnet. Das entsprechende andere Bild zeigt in der Mitte
auf einem romanischen Gestühl die Göttin der Gerechtigkeit, eine
Gestalt, die in ihreni tiefblauen Mantel außerordentlich harmonisch
zu dem Silberton des Himmels gemalt ist. Neben dem göttlichen
Richterstuhl harrt auf der einen Seite der Gerechte, auf der
anderen der Verbrecher, über dessen Haupt der Stab gebrochen
wird. — Jn dem Entwurse August von Heydens imponierl
besonders das außerordentlich treue Studium aller historischen
Einzelheiten, besonders der Kostüme, die von den tiefgehenden
Kenntnissen des gelehrten Verfassers wiederum eine eminente
Probe abgeben. Ungemein poetisch erfunden sind Heydens
Supraporten, die in der Darstellung von Frauen und Kindern
die ganze ?lnmut von Schöpsungen eines Ludwig Richter atnien.
— Äuch Scheurenbergs Entwürse enthalten manches schöne
Detail, zeigen aber doch, dast dem Knnstler die frische Schöpfer-
krast, die er in so manchem seiner Genrebilder bewiesen hat, aus
das Gebiet der Monumentalmalerei noch iinmer nicht recht folgen
will. — Auf jeden Fall ist das Ergebnis dieser Konkurrenz ein
recht günstiges zu nennen. Auf die Entwürfe für die zweite
Bildergruppe werden wir in dem nächsten Hefte eingehen.
-. Am 7. vor. M. zu Rom wurde im Beisein des König
und der Königin im Palaste der schönen Künste die Ilusstellung
der Metallarbeiten seierlich eröffnet.
O. V. Berlin. Die seit dem tragischen Tode des Kunst-
händlers Lepke verödeten Räume der Gemäldehandlung Uuter
den Linden 4a sind von der wohlbekannten rheinischen Kunsthand-
lnng von Eduard Schulte (Köln-Düsseldorf) bezogen. Das
von der genannten Firma hierorts eröffnete Zweiggeschäft hat
seine Thätigkeit mit einer Ilusstellnng von 72 Geninlden begonnen,
unter denen die hervorragendsten Meister zum Teil mit mehreren
Bildern vertreten sind. Unter denselben befinden sich auch ältere
Arbeiten von Malern wie Knaus, Defregger, Menzel und
den beiden Achenbachs, wie sie in dieser Lchönheit wohl kauin
 
Annotationen