Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 1.1885-1886

DOI Artikel:
Grosse, Julius: Ernst Julius Hähnel, [2]: ein Relief nach dem Leben
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9416#0349
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
27-4


Ernft Iulius Vühnel
Ein Relief nach dem Leben. Von Iulius Grouc
(Schlick)

^jllls aber die Glocke zwölf schlug — nämlich eine große
Schwarzwälder Uhr, da sprang mit jedem Schlag
ein kleines Männchen aus dem Gehäus, zuckte wieder zu-
rück und sprang wieder vor. Als ich noch hinaufschaute,
kam der Wirt und sagte: „Sehen Sie, mein Herr, das
ist der Auerbach!" So also ist es heut mit der Unsterblich-
keit bestellt, dachte ich, und erwachte von meinem Tranm.

„Die anderen freilich lachten bei meiner Erzählung,
aber der berühmte Poet hat mir den Scherz niemals recht
verziehen. Gutzkow vollends hielt mich seitdem für einen
geführlichen Menschen, aber schvn ist es doch, daß Sie
meine eigene Geschichte von draußen importieren, wie die
Pfälzer Zigarre, die über Bremen exportiert, über Ham-
burg wieder als echte Havana zurückkommt."


Ein jungrr Tusto. von Albert Schröder

Seit jenem Abend sah ich Hähnel sehr oft, im Atelier,
auf Spaziergängen, wie abends im Freundeskreise, und
jeder Tag, jede Stunde ist mir eine unerschöpfliche Quelle
vou Anregung und geistigem Genuß gewesen.
Wer diese königliche imponierende Gestalt mit den
geistreichen, schelmischen Augen, mit der hohen runden
Stirn, über die es manchmal wie zürnende Blitze zuckt,
betrachtet, der ahnt bereits, welche Fülle von Humor, von
schlagfertigem Witz und tiefsinniger Phantasie sich hinter
diesem knorrigen Äntlitz verbirgt, das an einen ivendischen
Häuptling gemahnt; aber nur der Näherstehende weiß, welche

Leutseligkeit und Selbstverleugnung, welche Weite und Tiese
der Lebensanschaunng, GrößederGesinnung undechteHumani-
tät dem Künstler zu eigen, ungerechnet die Genußsreude und
Genußfühigkeit, die oft an Sokrates erinnert, der beim
Symposion allein bis zum grauenden Morgen ausdauerte,
während alle anderen Genossen längst vom Schicksal aller
Sterblichen ereilt waren.
Hähnel hat, wie erwähnt, einen großen Kreis un,
sich, gemischt aus Künstlern, Schriftstellern, Offizieren,
Juristen, Gelehrten und Beamten, ein Kreis, der allabend-
lich seinen Worten lauscht; indes ist seme Freundschaft
 
Annotationen