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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die Berliner Jubiläums-Ausstellung, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0037

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IX. Die historische Abteilung

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gegebenen Fischmarkt in Ostende von 1876. Von Oswald
Achenbach trifft man zwei frühe deutsche Landschaften, aus
dem bayrischen Gebirge und den Friedhof zu Beckenried, die man
sehr versucht wäre, selbst dem kostbaren „Leichenzug in einer itali-
enischen Stadt" in der Dämmerung vorzuziehen, da sie an Wahr-
heit und Unschuld diesen bei weitem übertreffen. Auch GrafKalck-
reuth hat ein sehr schönes Bild da, der Lac d'Oc in den
Pyrenäen, das die Großartigkeit dieses wilden Gebirgskessels
trefflich wiedergibt. Überaus edel und stilvoll gediegen erscheint
dann eine italienische Landschaft August Webers, mit dem
Soracte im Hintergrund und Prächtigen Baumgruppen vorn.
Die volle Emanzipation der Düsseldorfer Schule zeigt uns
indes erst Ludwig Knans in einer Reihe von Meisterstücken,
die man unbedingt klassisch nennen darf. Selbst das früheste
derselben, „der Marktdieb", wo er bereits eine Freiheit der
Behandlung und eine Kraft der Färbnng zeigt, die bis dahin
nnerhört waren in der Schule. Sein Meisterwerk bleibt frei-
lich das berühmte „Begräbnis", als Stimmungsbild wie als
Charakteristik gleich groß. Am meisten Humor hat die „Salo-
monische Weisheit" jenes alten Schacherjuden, der in seinem
rotköpfigen Enkel einen so gelehrigen Schüler findet. — Knaus'
Meisterschaft im Porträt zeigt hierauf ein junger Mann, den
man ob seiner Natürlichkeit und Ungezwungenheit wohl jedem
alten Meister an die Seite setzen darf. Die neueste Zeit ist in
Düsseldorf dann durch ein breit und großartig gegebenes
Männerporträt Janssens und seine brillant kolorierten Farb-
skizzen zu dem Fries in der Düsseldorfer Akademie, endlich durch
das seelenvolle Bild Ed. v. Gebhardts vertreten, welchesJairi
Töchtelein so rührend gibt . — Weimar glänzt durch ein paar
prächtige historische Landschaften Prellers, die Serpentara
und Rebekka mit Elieser am Brunnen darstellend, beide von
einer großartigen Meisterschaft der Zeichnung und Pinselführung,
daß man selbst ihre Farblosigkeit darüber vergißt. Otto
Günther gibt dann noch eine „Dorfrevolte" so lebendig und
charakteristisch wieder, daß sie selbst Menzel Ehre machen würde.
Hamburg aber brachte einen köstlichen Mondaufgang von
Balentin Ruths.
Auch Dresden hat in den Ludwig Richter' schen
Zeichnnngen und in Julius Scholtz' berühmtem Gastmahl der
Generale Wallensteins Beiträge von bleibendem Wert geliefert.
Nicht minder in Franz Drebers köstlicher Landschaft aus der
römischen Campagna, voll Stilgefühl und Schönheitsstnn. Frank-
furt ist durch Plo ckhorsts Kampf des Erzengels Michael mit dem
Satan um den Leichnam des Moses, der nicht ohne Großartigkeit
ist, und Jakob Beckers Bauern, die bei der Ernte Feuer
im Dorfe aufgehen sehen, nicht unwürdig vertreten.
Jch schließe nochmals mit Berlin, um noch einiger
spezifischer Berliner Künstler zu gedenken, deren Werke ganz
den Stempel dieses Orts tragen. So Spangenbergs, dessen
Hans Sachs im Kreise seiner Freunde ein ebenso treffliches
Bild ist, als sein Luther im Hause der Frau Cotta, wo beidemal
die Charaktere sowohl der Hauptperson als der Nebenfiguren
vortrefflich gelungen find. Dasselbe kann man auch von Paul
Thumanns Vermählung Luthers sagen, wo die tief gemütvolle
Seite des großen Reformators ebensogut geschildert ist, als
bei Spangenberg die sich entwickelnde Kraft des Charakters.
Daß beider Künstler Bilder etwas Kühles, fast Nüchternes


Lüdger o. Braunschweig, Dxutschordrns-Hochmristrr
von Adolf Nenzel^

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