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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Paul, Richard: Eduard von Steinle
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0080

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von Richard paul

ö3

vom Altarbilde und Fresko bis zum Albumblatt der Künstler allein innerhalb der speziell religiösen Knnst
geschaffen. Jn gleicher Stärke und Tiefe der Empfindung schildert er aber auch die dem Lebeu abgelanschten
Vorgänge und mit welch erschütternder Gewalt er sich hier ansznsprechen vermag, wird besser als die Sprnche
die „Beichte vor dem Kardinal Großpönitenziar im St. Peter" verdeutlichen. An dicsen zwei Fignren von
imposanter Einfachheit der Form nnd des Ansdrncks müßte eigentlich dem rvntiniertesten Genremaler ein Licht


darüber anfgehen, was es
wohl mit der sogenannten
„Sittenmalerei", d. h. mit
der Schilderung wirklich
menschlicher Vorgünge für
eine ernste Bewandtnis habe.
Welche anregende Stimmung
der Situation ist weiterhin
in den beiden Pendantfiguren
des „Violinspielers" und des
„Türmers", in dem Zuge der
fein und geistreich indivi-
dualisierten Gestalten zu
der Novelle „Die mehreren
Wehmüller" ansgesprochen,
wie einzig graziös nnd charak-
teristisch zngleich ist die rei-
zende Szene zu Shakespeares
„Was ihr wollt", die in
dem farbigen Karton (Na-
tionalgalerie - Berlin) eine
wahrhaft zanberische Verkör-
perung gefunden. Noch soll
hier nur flüchtig der Bildnisse
des Meisters, die alle Strenge
und Energie der Form mit
Größe der Auffassung ver-
binden, sowie seiner zahl-
reichen Entwürfe für deko-
rative und kunstgewerbliche
Zwecke gedacht sein, und um
schließlich ein Ende zufinden,
nur noch der Wunsch aus-
gesprochen werden, es möge
durch das Zusammenbringen
von den zu erreichenden Kar-
tons, Bildern, Zeichnungen
und Skizzen Steinles der
Welt ein annühernd dent-
liches und nmfassendes Bild
dieses unerschöpflich thätigen,
in hehrer Einsamkeit nur
seiner Knnst lebenden Mei-
sters damit gegeben werden.
Da, wie eben gesagt,
der Meister nur in seiner
Kunst lebte und anfging, so
ist von diesem Leben, das sich für den echten Künstler nur in seinen Werken zu bethätigen hat, sehr wenig
Jnteressantes und noch weniger Pikantes, also Futter für Kunstchronisten und Stoff für sonstige Neugier, zu
berichten. Er ist in Wien 1810 geboren als der Sohn eines Graveurs, besuchte die dortige Akademie, trat bald in das
Atelier Kuppelwiesers, durch den er nach Rom an Overbeck und Veit empfohlen wurde. Von dort 1834 nach Dentsch-
land zurückgekehrt, lernte er bei Cornelius in der Ludwigskirche die Freskotechnik, ging dann nach Frank-



Der Grohpömtenkiarius. vcm Ld. von Steinle
 
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