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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0304

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Iahresausstellung im Miener Künstlerbause. von U. v. vincenti

235

sondern bietet in der „Egypüschen Mnsikantin" anch eine
trefsliche Charakterfignr.
Jm Genre stehen Anton von Werners von Berlin
her bekannte „Kriegsgefangene" in erster Reihe; obwohl
etwas schwer in der Farbe, steht diese reizende Kriegs-
idylle an Kunstwert ganz auf der Höhe der anspruchs-
vollern Historienbilder des Malers des Berliner Kongresses.
Der Jtaliener Chierici findet nüchst ihm mit seinen
humorvollen freilich etwas ans Karikierte streifenden
Kinderszeuen vielen Beifall: das Kolorit leidet au giftigen
Anilintönen, die Technik ist jedoch geradezu verblüffend.

llnter den Münchener Genremalern ragen Mathias
Lchmid, Max Todt, E. Harburger, Seiler, unter den
Wienern E. von Blaas, Friedländer, Schöne, Probst und
die so viel versprechende jüngere Gruppe A. Müller,
Gisela, Zewy, Novak und Js. Kaufmann hervor.
Schmids beide Bilder, das schmerzliche „Auf der
Wallfahrt" und das fein humoristische der beiden Kloster-
brüder auf der Bilderschau sind genugsam bekannt,
neu dagegen Harburgers „Tie Gemütlichen", zwar
unr ein kleines Bild, dvch gar manches Stück weit-
lüufig bemalter Leiuwaud wert, ivarm im Ton, vvll
geistvollen Humors, der einzig und alleiu von zwei
Stammgästen am Wirtshaustische bestritten wird. Von
köstlicher Feinheit sind der Landsknecht Todts und die

beiden Rokoko-Bilder von Seiler. Tas „Veneziauische
Müdchen" vou E. vou Blaas (s. d. Bilderbeilage) ist so
lebensvoll und nnmittelbar wie alles, was uns dieser mit
veuezianischem Volkslebcn so vertrante Künstler bietet.
Auf die Leistungeu der oben genannten fünf jüngeren
Wiener Genremaler möchten wir den Herausgeber der „Kunst
für Alle" gauz besonders aufnierksam machen. Tie Re-
prvduktiou sollte diese jungen Talente, welche alle einen
gemeinsamen Wiener Zug answeisen, im Ange behalten;
viel ersprießlicher freilich würe es noch, wenn die Kunst-
hündler denselben ehrliche Auftrüge geben würden. Nvch
eine ganze Reihe von Genrebildern würe
auerkenneud zu nennen, aber es fehlt unS
der Raum. Der hochbegabte junge Wiener
Wilhelm Bernatzik führt uus mit seinem
allgemein bemerkten Bilde „Die Heils-
boten" (Pfarrer niit Meßnerbub auf dem
Versehensgang querfeldein) vom Genre anf
die Landschast über, denn er gehört beiden
Gebieten au. Die trübfrostige Nachwinter-
Stimmung mit den letzten Schneeresten ist
ebenso gelungen, wie die Charakteristik der
beiden Figuren. Das Juwel der Wieuer
Landschafterei ist diesmal ein zienilich um-
fangreiches Vorsrühlingsbild von R. Ruß,
dem ein an sich ziemlich nüchternes Motiv
vvn der Penzinger Au zu Grunde liegt.
Toch welche Feinheit in der Empfiiidnng
nnd malerischeu Behandlung dieser ent-
laubten Wipfel mit ihrem dimkel gekreuzten
Astwerk im Abendnebel! Wer hütte das
Bild von einem Meister erwartet, dessen
Pinsel sonst fast nur mit den tiefeu Töncn
Wülschtirols malt! Jhm zur Seite treten
vou den Wieuern Schüffer (prüchtige Eichen-
gruppe mit Abendsonneneffekt), Schindler,
Lichtenfels, Darnaut u. s. w. Anch
die sremden Landschafter haben sich zahl-
reich eingesunden: die Norweger Nord-
greu, Normann und Morten-
Müller in Düsseldorf, dann Oesterley
mit einem prüchtigen Fjordbilde, unser
Kärnkier Willroider, der am Rhön
heiniisch geworden, die Münchener Wopfner,
Baron Malchus, Schleich und die
dort eingelebte Wienerin Tina Blau, der
Berliner Gude, der Weimaraner von
Gleichen - Rußwurm mit einem Scheve-
ningerStrandbilde. Kennerrühmenallgeniein
das Bitd des Freiherrn von Malchus: „Windmühle
im Kanal hinter der Passage iu Rotterdam". Jm Tier-
bild zeichnen sich der jüngere (Juliiis) von Blaas und
Kossak aus; prüchtige Tierstücke sind Alexander
Wagners Pferdetrieb auf der Pußta und C. Hubers
„Kühe im Wasser." Pußta-Pferde in der Freiheit weiß
kein Maler so lebensvoll zu malen, wie Alexauder Wagner,
der freilich ein geborner klngar ist. Jm Stillleben herrscht
ein weibliches Siebengestirn: Wisinger-Florian,
Preuschen-Schmidt, Max-Ehrler, Begas-Par-
mentier, Anna Peters, Fritze Mikesch, Hedwig
Friedlünder; dies Genre ist den Männern von nun an
verboten. Haben wir auf die Aquarelle von Alt uud
Schwaiger, die Pastelle von Fröschl, Decker,
20»


Porkräk. von Mar Thedy
xvn. Zahresausstellung im Aünstlerhaus zu 'wien
 
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