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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Rudolf Jordan: geb. in Berlin 4. Mai 1810 - gest. in Düsseldorf 26. März 1887
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0312

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2^2

Rudolf Iordan. vo,n ^orausgeber



Dlrandsfrnr. vou Rudolf Iordan

nektarschlürfende Nymphen mit Parfümierten Locken, oder fchwindsüchtige Leonoren und Byron'sche Piratcn
zu sehen.
Die realistische Wahrheit ist aber eine sehr ansteckende Krankheit, und sobald Jordan nur erst solch'
echte Menschen in aller Bedingtheit ihres homerisch einfachen, aber an dramatischen Wechselfällen, an Not und
Gefahr so reichen Lebens gegeben hatte, verlangte diese Wahrheit der individuellen Erscheinung auch als-
bald die des Ausdrucks, der Geberde, eine größere Wahrscheinlichkeit der Umgebnng. So fand denn unser
Jordan, welchen das abenteuervolle Dasein dieser Bevölkerung von Schiffern und Fischern immer mehr anzog,
anch gar bald heraus, daß die Atelierbeleuchtung für seine Figuren ganz unpassend sei, und malte sie im
Freien, daß ferner die feuchte Luft am Meer alle Lokalfarben durch Grau verbinde. Wenn also später Jnles
Duprs, der Meister des pazisaAs intims, behauptete, „die Malerei besteht aus Grau mit etwas Farbe", so
hat Jordan das schon zwanzig Jahre früher eingesehen und die grauen Töne in die Düffeldorfer Malerei
eingeführt. — Dennoch wurden ihm die Luftreflexe niemals zur Hauptsache, wie so vieleu Neueren, vielmehr
studierte er die Zeichnung und Komposition nicht weniger gründlich. Dadurch gestaltete er seine einfachen
Szenen aus dem Schifferleben oft zu wahren Tragödien, wie die von uns mitgeteilte, schon zu Ende der
dreißiger Jahre entstandene vom Tode eines Lootsen, dessen Leichnam die Kameraden vom Strand, an den ihn
das Meer mit anderen geworfen, heraufgetragen haben nnd jetzt vor der jnugen schönen Frau desselbeu, die mit
dem Kind ihnen voll Angst entgegenkommt, zu verbergen suchen. Das ist mit einer erschütternden Wahrheit
und Deutlichkeit erzählt und die Gruppe zugleich so vortrefflich gegliedert und aufgebaut, daß sich jeder Historien-
maler daran ein Beispiel nehmen könnte. Die Komposition ist dabei nicht nur dramatisch im höchsten Grade,
sondern die Malerei gestaltete sie auch zu einem Stimmungsbilde ersten Ranges. Das Gemälde trug denn auch
einen großartigen Erfolg überall davon, wo es hinkam, wie sich der Referent noch wohl erinnert, der es um
1839 in Dresden sah. Jordan hat aber, wie gesagt, auch die heiteren Seiten dieses Fischerlebens mit ebenso
köstlichem Hnmor geschildert, als die ernsten mit tiefer Empfindung, so „die vergesfenen Stiefel", „das
Lootsenexamen", „Besuch am Morgen nach der Hochzeit" u. a. m. Ohne Zweifel hielt ihn auch das beim
Seelebeu fest, weil die Darstellung seines beständigen Kampfes mit den Elementeu so erhebend und herzstärkend
anmutet, da es gewiffermaßen ein Ringen mit dem Schicksal selber ist und dadurch tragisch wirkt, ohne daß
man Gegner dabei darzustellen hätte, wie im Streit der Menschen.
Dadurch hat er denn einen sehr großen Einsluß und nicht nur auf die Düffeldorfer Knnst ausgeübt
und um so eher ihren Übergang zum Realismus eingeleitet, als er bald eine große Schule um sich versammelte,
 
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