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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pecht, Friedrich: Der Humor in der deutschen Kunst
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Schumann, Paul: Dresdener Ausstellung von Aquarellen, Pastellgemälden und Handzeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0018

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Der Humor in der deutschen Aunst. vom Herausgeber — Dresdener Aquarellausstellung, von Paul Schumann 5

Schlittgen, Meggendorfer, und wie sie alle heißen, gelacht? Wer sich nicht über die Strenge gefreut, mit der
sie, wie übrigens alle unsere Humoristen, dem Unsauberen aus dem Wege gehen, wie der direkten Berührung
aller Politischen und religiösen Fragen?

Überblickt man aber die Gesamtheit dessen, was unsere deutsche Kunst nach dieser Seite hin geleistet,
den unübersehbaren Reichtum von Talenten, den sie hier entwickelt, die Menge unvergänglicher Kunstwerke,
die sie da aufzuweisen hat, so wird man sofort sagen müssen, daß hier ihre größte Stärke liege, da sie hier
allein sich der Kunst jeder anderen Nation überlegen erweise. Nicht minder der jeder anderen Zeit, denn
selbst die alten Holländer oder die heutigen Engländer, die uns hier am nächsten stehen, sind, wenn sie uns
auch unleugbar dereinst den Weg gezeigt haben, im Verhältnis gegen unseren Reichtum arm zu nennen.

Dresdener Ausstellung von Aquarellen, Pastellgemälden und Dandzeichnungen

von Paul

ie Ausstellung von Aquarellen, Pastellgemälden und
Handzeichnungen, welche augenblicklich in Dresden
stattfindet, beansprucht ganz besondere Beachtung, weil sie
die erste ihrer Art in Deutschland ist. In London,
Paris und Brüssel finden wohl alljährlich Ausstellungen
der Vereine der Aquarellisten, in Paris auch solche der
Pastellmaler statt, indes beschränken sie sich zumeist auf
das. betreffende Land, während die Dresdener Ausstellung
im ganzen doch das Gepräge einer internationalen Aus-
stellung an sich trägt. Engländer und Franzosen fehlen
allerdings gänzlich; dafür sind aber Italiener, Holländer
und Belgier vortrefflich vertreten, von den deutschen Kunst-
städten ist keine ansgeblieben, und die spanische Aquarell-
kunst lernt man durch das Album des deutschen Kron-
prinzenpaares hinreichend kennen. Als ein Hauptergebnis
der Ausstellung möchten wir ansehen, daß die drei Tech-
niken ihre selbständige Lebensfähigkeit erwiesen haben. Sie
können auf eigener Spur einhertreten, brauchen nicht
fernerhin als geduldete Anhängsel bei Ausstellungen von
Ölgemälden ein halbgestattetes Dasein zu führen, sondern
sind ganz allein im stände, die Teilnahme der Kunst-
freunde in vollem Maße zu fesseln. In der That hat
man in einigen der Hauptsäle, wo die größten und besten
Aquarelle bez. Pastellbilder unter Glas und Rahmen aus-
gestellt sind, beim ersten Anblicke das Gefühl, man befinde
sich vor Ölbildern. Man staunt, wie sehr sich das Gebiet
der Aquarellmalerei erweitert, und welche Gattungen der
Kunst diese sich erobert. Man wird kaum fehlgehen
wenn man annimmt, die mangelhafte Überlieferung der
Ölfarbentechnik, mit welcher die Künstler jetzt allerorter
ringen, habe eine große Anzahl Künstler auf die sichere
Bahn des Malens mit Wasserfarben gedrängt. Die
Schwierigkeiten desselben sind groß genug, um auch den
größten Künstler zu ihrer Bewältigung zu reizen, und er
ist sicher, daß seine Bilder nicht in so kurzer Zeit der
Verderbnis anheim fallen, wie dies in den letzten Jahr-
zehnten so oft bei den bewundertsten Schöpfungen zu
beklagen gewesen ist. Ein zweiter Grund für das Auf-
blühen der Aquarelltechnik ist in der Kunstgeschichte zu
suchen. Bekanntlich gingen die Engländer in der Anwen-
dung der Wasserfarben voran; sie schufen darin eine neue
Welt der Kunst, eine neue, frische Naturanschanung, wäh-
rend in Deutschland die Romantik und der Klassizismus
noch ihre allmächtigen Kreise zogen. Die neue Technik
hielt ihren Siegeszug durch die romanischen Länder, in-
dem sie immer neue Reize an sich zog, und kam schließ-
lich auch nach Deutschland. Bekannt ist, daß Menzel
auch hierin als der Pfadfinder zu gelten hat; er war der

ichuinanu

erste, welcher die Malerei niit Wasserfarben in allen
ihren Tiefen ergründete und ihr die reizvollsten Wirkungen
abzngewinnen wußte. Ein viertel Hundert seiner an-
mutigsten und ausgeprägtesten Blätter aus dem Besitze
der Nationalgnlerie und einiger Berliner Kunstfreunde
zieren die Ausstellung und erregen die ungeteilte Bewun-
derung aller Beschauer. Neben ihnen entzücken uns die
lieblichsten und ausgesuchtesten Blätter des mitteldeutschen
Meisters, der aus den Tiefen des Volkstums und aus
seinem engen Vaterlande Sachsen das köstliche Gold künst-
lerischer Darstellung hervorholte: Ludwig Richters; der
dritte im Bunde, der Vertreter des deutschen Südens,
Moritz von Schwind, ist wenigstens mit einem interessanten
Blatte, Amor und Psyche vor Zeus Throne darstellend,
vertreten. Von Ludwig Passini finden sich ein reizender
Mädchenkopf, eine Beichtstuhlszene von staunenswerter
Kraft der Farbe und feinster Durchführung des Hell-
dunkels, endlich das aus älterer Zeit bekannte, köstliche
Bild des Religionsunterrichts in der Kirche.

Sieht man als die eigentliche Charakteristik der
Aquarellmalerei an: die flüchtige, pikante Behandlung,
die leichte, klare und flüssige Farbengebung, die auch
einmal vor einem Klex nicht zurückscheut, um den Reiz
der Improvisation zu wahren, die Beschränkung auf kleines
Format und auf das Skizzenhafte, so möchte das schon
bekannte Albuin der spanischen Künstler in erster Reihe
zu nennen sein. Merkwürdig ist, daß die Spanier fast
samt und sonders an den glühenden Farbenreizen der
südlichen Landschaft achtlos vorübergehen und in der
Schilderung des Menschen — allerdings mit großem Er-
folge — ihre Hauptaufgabe sehen. Auch die Italiener,
die ja der Aquarelltechnik eine ganz neue Kunst, die Be-
freiung von den niederdrückenden Fesseln des großen Jahr-
hunderts verdanken, weisen diese Neigung auf. Sie treten
zum teil mit riesengroßen Bildern auf. So Corelli
mit zwei überlebensgroßen Köpfen (Bolkstypen aus La-
tium), die unübertrefflich in der Behandlung der reinen
Aquarelltechnik, in der Gewalt und Tiefe des Ausdrucks
sind, ähnlich Erulo Eroli, der eine römische Frau mit
einem kranken Kinde gemalt hat, die voll tiefsten Seelen-
schmerzes zur Madonna zu beten scheint, ein Bild von
ergreifendster Wirkung und vorzüglich gemalt. Ein höchst
reizvolles weibliches Bildnis von Zezzo-s genießt neben
jenen beiden die Ehre, in dem vornehm ausgestatteten
Hauptsaale ausgestellt zu sein. Auch Simoni zeichnet
sich durch glanzvolle, berauschende Technik aus — er gilt
in Italien als der ersten einer; sein „Markt in Tlemcen"
ist ein Bild vornehmer Farbenwirkung, das sich von den
 
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