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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Pecht, Friedrich: Über Maltechnik
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Unsre Bilder
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Personal- und Ateliernachrichten - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischtes - Kunstliteratur- und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0228

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172 Über ülaltechnik. vom Herausgeber —Unsere Bilder.

fangenen Bilde in der Galerie Doria zu Rom sieht, und
dennoch haben auch ihre Bilder sich fast immer ganz
wunderbar erhalten, wenn sie nicht roh mißhandelt wurden,
wie besonders in den Kirchen fast regelmäßig geschah.
Das^führt uns also, vor allem auf die der unserigen so
überlegene Güte und Dauerhaftigkeit ihrer Pigmente
einerseits, und auf die Solidität ihres jede Pfuscherei
ausschließenden Verfahrens andererseits. Wer es weiß,
wie vollständig system- und gewissenlos so viele heutige
Maler arbeiten, der wird sich höchstens wundern, daß
ihre Bilder noch so lange halten. — Wer solid und
sorgfältig malt, wie es z. B. Peter Heß that, dessen
Bilder halten sich auch heute noch, wie sein „Einzug des
Königs Otto in Nauplia" zeigt, der, 1835 gemalt, heute
noch keine anderen Veränderungen zeigt als die, welche
durch die Mangelhaftigkeit des Malgrundes und die
Schlechtigkeit einzelner Pigmente bedingt waren. Bei der
solideren und zuverlässigeren Herstellung der letzteren wird
also jede Reform zu beginnen haben, wie das die vor
einiger Zeit hier gegründete „Gesellschaft für rationelle
Malverfahren" ganz richtig eingesehen hat. Aber auch
ihre Anstrengungen können zu nichts helfen, so lange sich
nicht die Künstler zu einem solideren und gewissenhafteren
Verfahren entschließen, als cs jetzt meist angewandt wird,
wo mau nur zu oft heute untermalt, morgen übermalt
und übermorgen lasiert und sich dann freilich nicht wundern
darf, wenn das Bild schon nach vier Wochen zu reißen
oder nachzudunkeln anfängt.

Unsere Bilder

vom Herausgeber

nter den Darstellern modern-deutscher Frauenschöuheit
steht der von Düsseldorf über München nach Berlin
gelangte Konrad Kiesel dermal in erster Reihe. Er
hat aus unserem Salonleben eine Reihe reizender Bilder
gemalt — wir erinnern hier nur an sein liebenswürdiges
„Damenatelier" — welche, sich Schritt für Schritt
immer mehr steigernd, allmälig die ganze keusche Anmut
wiederspiegeln, welche ein so eigenartiger Vorzug deutscher
Frauenwelt ist. Dabei geben seine Schilderungen vor
allem die norddeutschen und niederrheinischen Frauen,
diese aber mit einer zarten Empfindung wieder, welche
gerade durch die starke lokale Färbung doppelt anziehend
und glaubwürdig wirkt. Es ist das ein Vorzug, den
unsere ältere Kunst noch gar nicht kennt, der aber den
Neueren eine unermeßliche Mannigfaltigkeit der Schöpfungen
erlaubt. — So ist denn auch unsere auf den Namen
„Hildegundis" getaufte, Blumen suchende Kleine ein ganz
unwiderstehlich liebenswürdiges Kind mit allem Zauber
schüchtern neckischer Mädchenhaftigkeit, der durch die
Atmosphäre von argloser Reinheit und Unschuld, die sie
umgibt, noch unendlich vermehrt wird. Diese Art von
Schönheit, die nicht am wenigsten in der vollkommenen
Unbeflecktheit liegt, kennt aber die Antike noch gar nicht,
und erst die Renaissance hat sie dargestellt, aber auch
diese hat sie nur den Madonnen und anderen heiligen
Frauen beigelegt. — Bei uns liegt sie in dem alles Un-
reine verabscheuenden germanischen Blut, weßhalb man
sie denn auch nur bei den Deutschen und Engländerinnen
oft, bei Franzosen und Italienern selten, und noch weniger
bei den slavischen Völkern findet, wie denn die Reinlich-

vom Herausgeber — Personal- und Ateliernachrichten

keit der Seele mit der des Leibes aufs genaueste zusammen-
hängt. — Doppelt erfreulich ist es, daß Kiesel hier zu
der so anziehenden Form der Halbfiguren-Bilder zurück-
gegriffen hat, die von den Venctianern ausgebildet, bei
uns noch immer viel zu wenig benützt wird, während
man sich doch gewiß keinen reizenderen Zimmerschmuck
denken kann, als so ein hübsches Kind an der Wand,
wenn man es einmal nicht lebendig besitzt.

Seit einiger Zeit läßt die Stadtgemeinde München
zum Schmuck ihres Rathauses Szenen aus dem alten
Münchener Leben malen, zu denen auch das vorliegende
Bild von Ernst Zimmermann gehört. Es zeigt uns
die Herstellung des heute noch als Straße existierenden
„Türkengrabens" zu Anfang des vorigen Jahrhunderts,
wo er so genannt wurde, weil er durch türkische Gefangene
ausgeführt ward, die Kurfürst Max Emanuel aus seinen
Feldzügen mitgebracht. Scheinen sie sich nicht sonderlich
zu unterhalten bei dieser Arbeit, so thun es aber umso-
mehr die braven Münchener, die in Hellen Haufen heraus-
geströmt scheinen aus ihrer Stadt, um die einst so gefürch-
teten Ungläubigen jetzt gedcmütigt zu sehen. Die Schil-
derung dieser neugierigen Spießbürger ist aber dem
Künstler vortrefflich gelungen, wie man denn die Typen
der so behaglichen Ahnen des Herrn Nudelmayer auch heute
noch mit Leichtigkeit in unzähligen Spielarten bei uns
wiederfinden kann. Hinten naht der Kurfürst selbst hoch
zu Roß, um sich den Fortschritt der Arbeit anzusehen,
die er ausführen ließ, um der Stadt das durch seine Rein-
heit berühmte Wasser der eine Stunde seitwärts vorüber-
fließenden Würm zuzuführen, eine wohlthätige Absicht, die
indes nicht erreicht ward, da der alsbald beginnende Erb-
folgekrieg sie vereitelt zu haben scheint.

Eine noch liebenswürdigere Gesellschaft als die Tür-
ken schildert uns der Dresdener Arthur Thiele in seinem
Wiuterspaziergang einer Wildsauen-Familie, wo ein alter
Eber als würdiger Herr Papa sich eben, wohl in Er-
wartung eines Angriffs, auf die Hinterbeine gesetzt hat,
während die wohlbeleibte Gattin mit ihren anmutigen
Sprößlingen noch auf der Eichelnsuche begriffen scheint.
Diese trauliche Familienszene ist mit so überzeugender
Wahrheit dargestellt, daß man die kräftige Winterluft einzu-
atmen, das vergnügte Grunzen der vierfüßigen Spazier-
gänger in einem der verschiedenen Sauparke der Münchener
Umgegend zu hören glaubt, denen der seit längerer Zeit
nach München übergesiedelte Künstler dieselbe ohne Zweifel
entnahm, da man diese Schwarzröcke nirgends so gut
studieren kann, als dort.

Personal- und Melier-Nschrichlen

— Franz von Lenbach hat die Weihnachtslage dazu
benutzt, in Friedrichsruhe ein neues Bildnis des Reichskanzlers
zu beginnen, welches das beste aller Bismarckporträts dieses
genialen Künstlers zu werden verspricht. Der Kanzler ist als
Kniestück stehend dargestellt, den Beschauer voll anblickend, mit
Überrock, dessen Kragen in die Höhe geschlagen ist; Schlapphut
und Handschuh hält der Fürst in der Rechten. Neben diesen!
Porträt, das sich auch räumlich als das größte bisher von
Lenbach gemalte Bismarckporträt darstellt, hat der Künstler noch
den Sohn des Kanzlers, Herbert, sowie die drei Enkelkinder des
Fürsten, Söhne seiner mit dem Grafen Rantzau vermählten
Tochter, porträtiert. Im Herbst dieses Jahres wird Lenbach sein
an den Propyläen im Bau befindliches neues Atelier beziehen,
aus dessen Einrichtung man wohl gespannt sein darf. Zufälliger-
weise baut gegenwärtig auch Direktor F. A. von Kaulbach
sich ein neues prachtvolles Heim; München ist also im Herbst
um zwei fürstlich eingerichtete Ateliers erster Meister reicher.
 
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