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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Unsre Bilder
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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Unsere Bilder, vom Herausgeber — Personal- und Ateliernachrichtcn

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Nach drm Vmer. von Georg Papperitz

Unsere Bilder

vom Herausgeber

as uns an den Kindern so anziehend erscheint, ist die Ehr-
lichkeit, mit der sie allemal so ganz und gar dabei sind
bei dem was sie gerade thun. Das fesselt uns Alte unendlich,
eben weil wir sehr weit entfernt sind von dieser Ehrlichkeit.
Denn wer liebte nicht Tugend, Unschuld, Gewissenhaftigkeit, Ehr-
lichkeit ganz außerordentlich an andern, selbst wenn er sich selber
auch wohl hütet, von diesen schönen Eigenschaften Gebrauch zu
machen, ja, je sorgfältiger er sich derselben enthält? — Gerade
diese an unserem Nächsten so sehr geschätzten Vorzüge nun ver-
steht Defregger darzustellen wie kein zweiter, dem verdankt
er seine grenzenlose Beliebtheit. So hat das Bildchen, das wir
heute von ihm geben, in seiner totalen Erscheinung kaum viel
Reizendes, ebensowenig fesselt es durch pikanten Vortrag, da
wird es von zwanzig andern übertroffen. Aber sobald wir die
Mühe sehen, welche das kleine Mädchen sich auf demselben gibt,
das M herauszubringen, das ihr der Vater auf der A-B-C-
Tafel zeigt, so sind wir gewonnen, denn hier liegt, wie gejagt,
das Geheimnis der Defreggerschen Macht über unser Gemüt:
daß ihm die Naivetät bei Kindern und Großen besser gelingt als
allen andern.

Weit moderner ist schon der Reiz bei Harburgers
„Näherin", die so eifrig an den Falbeln des Ballkleides irgend
einer modernen Dame arbeitet. Nicht weniger wahr als De-
freggers Figuren, erscheint sie müde und überwacht und wohl
vom Morgen an der Arbeit überrascht. Sie aber hat schon ihre
Hmtergedanken, z. B. wie viel hübscher sie sich selbst in dem
Kleide machen würde als ihre glücklicher gestellte Auflraggeberin.
Wie dem auch sei, hier liegt der Hauptreiz in den malerischen
Qualitäten, in der geschickten Massenverteilung, dem geistreich
pikanten Vortrag, dem feinen Grau des Morgenlichtes und an-

deren Dingen dieser Art. Sie lehren uns wieder einmal wie so
oft, daß es eben keine alleinseligmachende Kunstrichtung gibt,
vielmehr daß alle Wege nach Rom führen — können, wenn
auch nicht müssen.

Personal- und Mrliernachrichken

r. Nt. Wilhelm Lindenschinit hat eben im neuen Rat-
haus hier ein großes Wandbild in Keim'schen Mineralfarben
vollendet, welches das Aufblühen Münchens unter König Lud-
wig II. darstellen soll. Inmitten der als schöne Frauen dargestellten
sämtlichen bayerischen Städte sehen wir die reichgeschmückle
Monachia, zu welcher der König die Vertreterinnen der Kunst
und Wissenschaft hinführt. Also sehr viel Damen! Als Hinter-
grund dient ihnen ein gotisches Rankenwerk, aus dem ein
gekreuzigter Christus als alles beherrschender idealer Hintergrund
herauswächst. Sinnvoll und leicht verständlich, wie es die Er-
findung ist, gelang es dem Künstler sowohl im ganzen eine
mohlthuend monumentale Wirkung zu erreichen als auch die ein-
zelnen Figuren den Begriffen, die sie personifizieren, entsprechend
und zugleich reizvoll lebendig zu gestalten. Dabei hält das er-
freuliche Bild durchaus den Charakter einer Wanddekoration fest,
welche nicht die Illusion der Wirklichkeit erregen, den Raum all-
zusehr verliefen darf, dafür aber ein schönes Stilgefühl zeigt.

ZI. Julius Benczur arbeitet gegenwärtig an einem Por-
trät des Kronprinzen Rudolf, der dem Künstler gelegentlich
seines jüngsten Aufenthaltes in Budapest mehreremale gesessen.
Das Bildnis wird den Thronfolger in Generalsuniform darstellen
und ist für den Prachtsaal des ungarischen Adels-Kasinos bestimmt.

-— Bildhauer Bernhard Riemer in Berlin hat vom
Staate den Auftrag erhalten, für die Nationalgalerie eine
Marmorbüste des verstorbenen Geh. Neg.-Rates Prof. vr. Kirch-
hofs anzufertigen.

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