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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 3.1887-1888

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Daelen, Eduard: Schattenseiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9418#0464

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2S2

Schattenseiten

Von L. Daelen


Im gründlichen Studium der Natur allein
ist ewiger Fortschritt

Anselm Feuerbach (Vermächtnis)

zonaler will ich werden!"

Das hatte er von Kindesbeinen an mit größter
Entschiedenheit auf jede Frage nach seinem künftigen Beruf
geantwortet. Und nun lag das Ziel seiner Sehnsucht,
das leuchtende Bild seines Jugendtraumes in Wirklichkeit
vor ihm: Die Kunstakademie, in welcher er sich heute zur

Ein schmutziges Gesindel allerdings, das diese Frage
hervorrief; ein buntes Gewirre von zweifelhaften Ge-
stalten beiderlei Geschlechts: Bummler, Zigeuner, Mütter
mit Säuglingen, Orgeldreher, lockre Dirnen, Krüppel und
auf Krücken wankende Lahme, Savoyarde», Mohren, zer-
lumpte Kinder und dergleichen vagabundirendes Volk mehr.

„Was Du dort siehst, das bildet einen wichtigen
Bestandteil des künstlerischen Studiums. Die Leute da

Zerstreut, von H. Beyfuß

Aufnahme melden sollte. Mit den entzückendsten Farben
hatte seine glühende Phantasie dieses lichtvolle Gebäude
sich ausgemalt. Alles Schöne und Hohe, was der hehr-
sten Begeisterung zur weihevollen Erhebung förderlich sein
konnte, hier mußte es in edler Harmonie vereint sich vor-
finden. Wie draußen in Feld und Flur der heiterste
Frühlingstag mit seinem blendenden Bliitenüberschwang
alles überstrahlte, so auch lachte in der Jünglingsseele
nur Sonnenschein, reines wonnevolles Licht. Von an-
dächtiger Scheu durchbebt, näherte sich der junge Enthu-
siast der weiten Pforte.

„Was ist denn das für eine seltsam widerliche Ge-
sellschaft, die dort den Eingang der Akademie umlagert?"
— fragte er seinen Mentor verwundert.

Pi- A-nK für All- 12

sind Modelle", antwortete der Begleiter. „Damit wirst
Du dich bald genug bekannt machen müssen und Dir können
deshalb einige praktische Erläuterungen darüber nur von
Nutzen sein."

Den Schwärmer überlief ein Frösteln. Er hatte
von Phidias und Aspasia, von Raffael und Fornarina
gelesen und sich danach bisher seine Begriffe von Modellen
gebildet. Welch ein Abstand mit dieser Wirklichkeit! —

„Ja, es gibt zwei Arten von Modellen", erklärte
der Mentor, der wohl die Gedanken des Zöglings er-
raten mochte, „nämlich gewerbsmäßige Modelle und solche,
die nur aus Gefälligkeit dem Künstler bei seinem Studium
derartig behilflich sind. Die letzteren werden in der Regel
dem Kunstwerk am förderlichsten sein, doch auch die elfteren
 
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