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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Der künftige Münchener "Salon": ein Votum
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0063

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42"

Dir mittelalterliche Wysterienbühnr. von Franz Matsch
R. U. Lsofburgtheater in Wien

Der künftige Münchener „Salon"

Ein Votum des Herausgebers

77^»as Vorhaben, in München künftig jeden Sommer eine Ausstellung gleich der heurigen abzuhalten, ist von
zwei sehr verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten. Zunächst in Bezug auf den Einstuß, den seine Aus-
führung auf die einheimische Kunst haben müßte. Nicht minder aber auch von Seiten seiner materiellen Vor-
teil' für München und endlich seiner Ausführbarkeit. Was nun den ersten Punkt betrifft, so lehrt die Er-
fahrung, daß den Künstlern nichts schlechter bekömmt, als die Überhäufung mit Eindrücken allerverschiedenster
Art, wie sie solche „internationale" Ausstellungen regelmäßig und notwendig mit sich bringen. Sie werden
da hin- und hergezerrt, so daß die Jüngeren zuletzt gar nicht mehr wissen, was sie selber wollen oder können
und gewöhnlich zu bloßen Nachahmern von Kunstwerken andrer herabsinken, während es doch für einen jeden
gilt, die Natur auf seine eigne Weise anznsehen und wiederzugeben. „Es bildet das Talent sich in der Sülle",
sagt schon Goethe mit vollem Recht, und wenn die Meister des fünfzehnten und sechzehnten, ja selbst siebzehnten
Jahrhunderts ihre Persönlichkeit so viel schärfer und interessanter in ihren Werken aussprechen als die heutigen,
so war das gerade deshalb, weil sie so viel weniger sahen als diese, also darauf hingewiesen waren, ihre Auf-
gaben auf ihre eigne Art zu lösen. Oder was sah denn ein Holbein in Basel, ein Dürer in Nürnberg, die
Van Eyks in Gent, Franz Hals in seinem kleinen Harlem, oder selbst Rembrandt in Amsterdam? Ein heutiger
Künstler sieht gewöhnlich in einem Jahre mehr, als sie in ihrem ganzen Leben! Denn es gab ja nicht nur
keine Ausstellungen, sondern auch keine oder nur sehr schwer zugängliche Galerien. Genau dasselbe fand in
Italien statt, wo ein Giotto, Mantegna, Gian-Bellin, Leonardo sich so isoliert ausbildeten, als Masaccio und
Perugino. Michel Angelo aber schloß sich ohnehin schon ganz früh ab. Alle diese Männer sahen höchstens,
was ihre Vorgänger, Nebenbuhler und Stammesgenossett machten und selbst Dürers Reise nach Venedig hatte
gar keinen Einfluß auf ihn. — Wenn man also durch das vorliegende Projekt unsrer Kunst nicht mehr schaden
als nützen will, so müßte man vor allem die Jnternationalität dabei aufgeben und sich auf deutsch-nationale
Ausstellungen beschränken, bei denen man dann, wie in Paris geschieht, Ausländer zuläßt, aber ohne sie einzu-
laden und ihnen gar noch die Transportkosten zu vergüten, wie wir es in angeborner Demut und Überschätzung
alles Fremden zu thun Pflegen. Man konnte noch nichts abgeschmackteres thun, als München, den Mittel-
punkt der deutschen Malerei, in eine Niederlage fremder Bilder umwandeln zu wollen!

Wir kommen damit auf den zweiten Punkt. — Ohne Zweifel eignet sich München als Hauptsitz der
deutschen Kunst, der allein mehr Künstler zählt als Berlin und Wien zusammen, ganz ausgezeichnet für die
Einrichtung einer jährlichen Ausstellung, schon ob seiner viel günstigeren geographischen Lage, die einen weit
größeren Fremdenbesuch ermöglicht, als er in Wien und selbst in Berlin stattfindet. Die ökonomischen Vor-
teile desselben für unsre Gastwirte und Droschkenkutscher sind aber doch jedenfalls weit zweifelloser als die für unsre
Kunst. Es stehen selbst ihnen aber auch sehr erhebliche Nachteile gegenüber. Zunächst die unvermeidliche Schädigung
des Kunstvereins sowohl, als des durch die jetzige Methode, wo die Ausstellungsleitung zugleich den Verkauf
 
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