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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die Baukunst und die vervielfältigenden Künste auf der Münchener Jubiläums-Ausstellung 1888: eine Nachlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0078

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Die Baukunst und die derdielfältMnden Künste
auf der Münchener IubUäums-Ausstellung

Line Nachlese. Von Friedrich Pecht

Nachdem es uns wegen Raummangel nicht möglich war, die Architektur und Graphik in den der Aus-
stellung besonders gewidmeten Heften zu besprechen, wollen wir hier nachträglich noch die wesentlichsten
Eindrücke dieser beiden Abteilungen kurz zusammenfassen. Natürlich können wir uns hier nur auf eine
ästhetische Würdigung der Aufrisse, aber keineswegs auf ein Studium der Grundpläne und ihrer Zweckmäßigkeit
einlassen, was Sache der Fachzeitschriften ist.

Die Architekturabteilung bot an Neuem sehr wenig. Zum bedeutendsten unter dem vorhandenen
gehörten verschiedene Konkurrenz-Pläne zum Reichsgerichts-Gebäude und sonstige Lokalitäten für Behörden.
So Friedrich Thierschs „Vorläufiges Projekt" zum Jnstizgebäude in München. Muß man sich wundern,
daß eine so bedeutende Aufgabe, die doch sehr viel praktische Erfahrung verlangt, ohne alle öffentliche
Wettbewerbung wie es scheint definitiv einem Architekten übertragen ward, der jedenfalls noch sehr wenige
Bauten ausgeführt hat, während man eine ganze Anzahl erprobter Künstler wie Albert Schmidt,
Hauberrisser u. a. m., um nur hiesige zu nennen, dabei in sehr auffallender Weise überging, so rechtfertigt
auch die Fassade wenigstens solche Bevorzugung keineswegs. Sie hat den in München so oft begangenen
Fehler, den Schwerpunkt des Gebäudes, die sogenannte Beletage viel zu hoch hinauf zu verlegen, wodurch
dasselbe in zwei sehr ungleich ausgestattete Hälften zerfällt, von denen die untere viel zu groß und un-
interessant, die obere zu klein und unzureichend entwickelt erscheint. Überdies dürfte es auch fehlerhaft sein,
die nach Norden liegende Langseite des Gebäudes zur Hauptfassade zu machen, die also nie beleuchtet wird,
während die nach dem Karlsplatz zu liegende schmälere Ostseite eben deshalb eine weit reichere Ausführung und
Gestaltung zum Schmuck der Stadt erlaubt hätte. Die übermäßig langen Fassaden sind immer das Unglück
der Münchener Architektur gewesen und sollen es, wie es scheint, bleiben. — Warum ist man denn hier über-
haupt von dem so oft und glänzend erprobten System der öffentlichen Konkurrenzen abgegangen, dem Professor
Thiersch selber doch seinen Ruf hauptsächlich verdankt? Wenn es Privaten vollständig erlaubt sein muß, sich
ihren Baumeister nach Belieben auszusnchen, so sollten doch Regierungen selbst den Schein irgendwelcher Per-
sönlichen Begünstigung vermeiden. Jedenfalls muß man wünschen, daß dies recht trocken klassizistisch geratene
Projekt noch sehr umgearbeitet werde, ehe es zur Ausführung kömmt. — Von Albert Schmidt fand man dann
die neue Synagoge, jenes kleine Meisterwerk, das als eine Zierde von Neu-München bereits anerkannt ist, ferner
sein so großartiges Ausstellungs-Vestibül; von Hauberrisser das köstlich gelungene Wiesbadener Rathaus, einen
 
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