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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Daelen, Eduard: Das Gerhardtsche Marmor-Casein-Verfahren
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Unsere Bilder
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72 Das Gerhardtsche Marmor-Lasetn.Verfahren. von L. Darlen — Unsere Bilder. Vom Herausgeber — Aphorismen

neue Methode für die Kleinkunst, für die Genremalerei'
ebenfalls in Anwendung zu bringen.

Augenblicklich werden auch an der Außenseite der
Düsseldorfer Kunstakademie von Schülern derselben nach
den Kartons von Prof. Schill farbige Dekorationen nach
dem Gerhardtschen Verfahren ausgeführt. Darin wird
dasselbe denn auch die Probe der Dauerhaftigkeit unter
den Einflüssen der Witterung und der atmosphärischen
Luft ablegen können. Seit einer Reihe von Jahren hat
es allerdings dazu schon Gelegenheit gehabt an der Front
eines Privathauses, in der dekorativen Ausschmückung
einer Außenseite der Glasmalerei von de Haer in Düssel-
dorf (nach Zeichnungen von Prof. Ad. Schmitz); auch
hier hat es bisher die Probe vortrefflich bestanden.

Unsere Bilder

vom Herausgeber

on der beendigten Münchener „Internationalen" —
jede Kellnerin und alle Verkäufer von alten Hosen
sind jetzt international bei uns und Herr Nudelmaier
brummt in sieben Sprachen — bis zum künftigen Mün-
chener „Salon" ist es uns jetzt wieder gestattet, unsre
Bilder mit einigen erläuternden Worten zu begleiten.
Es ist das um so willkommener, als die Überfülle der
Ausstellung uns ja bei der Kürze des gebotenen
Raumes gar oft zwang, selbst das Vortrefflichste nur mit
ein paar Worten zu erwähnen, eine anscheinende Lieb-
losigkeit, die wahrhaftig niemandem schmerzlicher war, als
dem, welchem sie durch die Notwendigkeit aufgcdrängt
ward. Voraussichtlich werden wir den Winter durch um
so eher Gelegenheit haben, manches nachzuholen als unser
der Ausstellung zu dankendes Material noch lange Vor-
halten wird.

Das gilt nun besonders von einem so bedeutenden
Werk als es die prächtige Brunnengruppe Maisons wirk-
lich ist, welche, die „Bändigung der Naturkräfte" dar-
stellend, gar bald den Marktplatz des durch diese Dienst-
barmachung reich gewordenen Industriestadt Fürth zieren
wird. Wie da der Centaur kühn und trotzig über den
Fluß wegsetzt, um seinerseits alsbald durch den Dampf
überholt und gebändigt zu werden, das ist nun um so
besser dargestellt, je trefflicher es dem Künstler gelang, das
wilde Aufbäumcn der rohen Kraft im Centauren zu schil-
dern, da er sich auf einmal gefesselt fühlt. Es ist so viel
Feuer und Leben in der auch in den Linien trefflich auf-
gebauten Gruppe, daß man den Fürthern nur Glück zu
der so passenden und sinnvollen Zierde ihrer Stadt wün-
schen kann, die sie da ihrem Landsmann verdanken. —

Ebenso sehr haben die benachbarten Nürnberger
Veranlassung ihrem Mitbürger Paul Ritter dankbar zu
sein, der uns zum Schmuck dieses Heftes einen köstlichen
Nürnberger Marktplatz beigesteuert und auch noch durch
den 1657 erfolgten Einzug des römischen Kaisers
Leopold in seine allzeit getreueste und nur gelegent-
lich rebellische Stadt, also ganz zeitgemäß, belebt hat.
Dieser Einzug ist aber mit einer Meisterschaft dar-
gestellt, daß man die ehrbaren Spielwarenhändler,
Zirkelschmiede und Lebküchler in ihrem stolzen Selbst-
bewußtsein alle persönlich gekannt zu haben meint, die sich
heute vor der römisch-katholischen Majestät ebenso sauer-
süß bücken als sie es gestern vor Gustav Adolf gethan

.»und wahrscheinlich beide im Stillen zum Teufel gewünscht
- haben. Wie der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen, so
^ ist der zur Marienkirche rechts, deren Pforten weit geöffnet
sind, mit Blumen bestreut und alle Fenster beflaggt und
mit jubelnden Reichsstädtern gefüllt, während oben auf
der Galerie überm Portal der Kapelle die Zinkeniston
offenbar aus Leibeskräften blasen. — Da ist nun aber
auch kein Zoll groß aus dem ganzen Bild, der nicht geist-
voll und oft mit so drolligem Humor belebt wäre, daß
ich absolut keinen heutigen Architekturmaler wüßte, der
seine Werke zu so überraschend treuen Zeitgemälden zu
erhöhen, selbst die Steine so interessant erzählen zu lassen
vermöchte. Gerade diese Liebe zum Einzelnen und die
Fähigkeit, alles und jedes zu beseelen, ist aber auch ächt
national. Daß er aber auch das Ganze nicht darüber
vergißt, das ist jedenfalls eine neuentdeckte deutsche Tugend,
die wir vorläufig wenigstens an Ritter bewundern wollen.
Bekanntlich ist der Künstler taubstumm und es ist da um
so bewunderungswürdiger, wie deutlich er mit dem Pinsel
sprechen gelernt, ihn Geschichte und die feinsten Natur-
Beobachtungen erzählen gelehrt hat. Ein Buzenscheiben-
fenster, ja ein bloßes Ziegeldach berichten uns allemal ihre
ganzen Lebenslauf so reizvoll und liebenswürdig, daß
man nicht müde wird, sie zu betrachten und sich über den
Geist des Künstlers zu freuen, der ihnen eine so gemüt-
volle Sprache geliehen. —

Daß die Kinder nichts lieber thun als im Wasser
pritscheln ist bekannt, selten wird dieß Vergnügen aber
so liebenswürdig malerisch dargestellt, als auf der köstlichen
Brunnenszene des Schweizers Emil Keyser, wo eine aus-
gesuchte Gesellschaft kleiner blondhaariger Mädchen mit
großem Eifer Puppcnhemdchen wäscht und ein dickköpfiger
Herr Bruder derselben die gleiche Operation an seinem
eigenen Strumpfe vornimmt. Wie die kleine herzige
Gesellschaft noch allerhand sonstige Allotria an dem großen
Brunnentrog treibt, das ist alles mit solcher Behaglichkeit
und seiner Kenntnis der Kindernatur wiedergegeben, daß
man nur seine Freude an der tief gemüthlichen Szene
haben kann, die ein Stück jener ewig herrenlosen Kunst
darstellt in der uns keine andere Nation erreicht, geschweige
denn übertrifst.

„Einen neuen Sieg" betitelt Herr Martinez del
Rincon das zärtliche Gespräch, das ein spanischer Soldat
im dreißigjährigen Krieg mit irgend einer blonden Rhein-
länderin führt, die Trauben geholt. Die Kapitulation
dieser Festung dürfte allerdings in Aussicht stehen, da sich
die Unterhandlungen bereits recht behaglich anknüpfen und
schwerlich fruchtlos wieder abgebrochen werden. Für uns
sind diese Erinnerungen, wo Deutschland den Tanzboden
für alle Abenteurer in ganz Europa abgab, freilich weniger
angenehm, wir brauchen aber nur wieder so „international"
zu werden als wir jetzt, unbelehrbar durch alle Erfahrungen,
neuerdings Lust zu haben scheinen, so können unsre Enkel
wieder Ähnliches erleben!

Aphorismen

Das Kunstwerk entsteht wie der Kristall; oft genügt ein
Luftbläschen, ein Sandkorn und um das winzige Ding herum
bildet sich die Masse zur schönen Form. p-,chkau

vorgethan und nachgedacht,

Wird mit Gummi weggemacht. ji. Bl.
 
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