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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Lichtwark, Alfred: Die Erwerbung der Sammlung Wesselhoeft in Hamburg für die Kunsthalle: Gutachten des Direktors der Kunsthalle
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0136

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10,

Die Erwerbung der Sammlung Wesselhoeft in Hamburg für die Aunsthalle

Gutachten des Direktors der Kunstballe vr. A. Lichtwark*)

»it der Sammlung Hudtwalcker-Wesselhoeft wird die
letzte der ehemals so zahlreichen und weitberühmten Ham-
burger Gemäldesammlungen und zugleich nach dem Urteil der
Fachleute die bedeutendste Privatsammlung alter Gemälde im
deutschen Reiche dem Hamburgischen Staate zum Kauf angeboten.

Die Sammlung wurde seit drei Generationen in Hamburg
gepflegt: ihren ersten Grund legte Prof. Spangenberg; im Besitz
des Herrn Hudtwalcker erlangte sie durch die geschmackvolle Wahl
und die vorzügliche Erhaltung der zahlreichen neuen Erwerbungen
einen wohlbegründeteu Ruf; Herr
Wesselhoeft gab ihr durch Aus-
merzung fast aller italienischen
Bilder den rein niederländischen
Charakter und fügte ihr eine An-
zahl Hauptstücke ein

lieber die Bedeutung der
Galerie gibt die besondere Be-
achtung Aufschluß, welche sie
seitens der Kunstforschung von
jeher gefunden. Den Katalog
verfaßte vr. Waagen vom Ber-
liner Museum, der bekannteste
Bilderkenner der vergangenen
Epoche, und für den Istrf, dessen
sich die Galerie Wesselhoeft in
unsrer Zeit erstellt, spricht die
Thatsache, daß diese Sammlung
die Reihe der Publikationen
kleinerer deutscher Galerien er-
öffnet, welche die Wiener „Ge-
sellschaft für vervielfältigende
Kunst" herausgiebt. Das Werk
erschien nach mehrjähriger Vor-
bereitung im Jahre 1886. Die
Illustrationen sind von bedeuten-
den Künstlern radiert; es genügt
die Namen W. Hecht, D. Raab,

Holzapfel hervorzuheben. Den
Text hat vr. W. Bode, Direktor
bei den königlichen Museen in
Berlin, geschrieben. Auf Seite 3
des „Vorworts" spricht der Ver-
fasser sich über die Bedeutung der
Sammlung folgendermaßen aus:

„Nur eine dieser (älteren
Hamburger) Galerien, die wich-
tigste von allen, ist noch heute
Privateigentum, die Gallerie des
Herrn Johannes Wesselhoeft,
deren Stamm die durch Erb-
schaft auf den jetzigen Besitzer
übergegangene Gallerie von Ni-
kolaus Hudtwalcker bildet. Eine
Reihe der schönsten Bilder aus
den oben aufgeführten, jetzt
zerstreuten — älteren Ham-
burger — Sammlungen hatte
Hudtwalcker in seiner Gallerie
vereinigt; und dazu hat er selbst und hat der jetzige Besitzer aus
Holland und Deutschland beinahe jährlich einzelne hervorragende
Gemälde hinzu zu erwerben gewußt, fast ausschließlich Werke
holländischer Künstler. Wenn Deutschland in der kleinen Zahl
von Privatgalerien alter Gemälde verschiedene besitzt, welche
sich nach der einen oder andern Richtung mit der Sammlung
Wesselhoeft messen können, so hat dieselbe vor allen diesen
Galerien doch den geschlossenen Charakter und die Zahl hervor-
ragender Gemälde voraus. Anderseits ist sie den weniger
alten Sammlungen, wie der Krammschen (1887 versteigerten)
Gallerie, in Duisburg, der Speckschen Gallerie (jetzt im Museum

zu Leipzig) durch den gewählten Charakter fast sämtlicher
Bilder und die gute Erhaltung derselben überlegen. Sie ver-
dient daher die Auszeichnung, in diesem Sammelwerk der „Ge-
sellschaft für vervielfältigende Kunst" zuerst unter allen Privat-
sammlungen veröffentlicht zu werden."

Die Galerie besteht aus 98 Gemälden von der vorzüglichsten
Erhaltung. Mit vier Ausnahmen sind lediglich niederländische
Meister vertreten, so daß die Sammlung als rein niederlän-
dischen Charakters wohl bezeichnet werden darf. Wie das In-

*) Wir haben bereits auf S. 336 des vorigen Jahrgangs kurz erwähnt,
daß die Hamburger Bürgerschaft 300,000 M. zur Erwerbung der Galerie Weffel-
hoeft für die Kunsthalle bewilligt hat. Heute find wir in der Lage, das trefflich
begründete, auch außerhalb Hamburgs interenierende Promemoria des Direktors
der Kunslhalle vr. Alfred Lichlwark zum Abdruck zu bringen.

Kindrrbrgräbnis. von w. Riefstahl

Haltsverzeichnis ausweist, fehlt fast keiner der hervorragendsten
Meister der holländischen Schule.

Um ein unbefangenes Urteil von Sachkennern zu erlangen,
hat sich die Verwaltung der Kunslhalle an die Kunstforscher Herrn
vr. Bode, Direktor bei den königl. Museen in Berlin, Herrn
Abraham Bredius voni Ryksmuseum in Amsterdam, Ver-
fasser des Katalogs der Amsterdamer Galerie, und an Herrn
Professor Unger in Wien gewandt, der sich durch seine Radierungen
nach niederländischen Gemälden, unter andern aus der Kasseler
Gallerie, den Ruf eines der gründlichsten Kenner erworben hat.
Die Gutachten dieser drei Kenner niederländischer Kunst haben
sich in demselben Sinne über die Bedeutung der Sammlung
geäußert.

Nach sorgfältiger Erwägung aller Verhältnisse erachtet die
Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle die Erwerbung
der Sammlung Wesselhoeft für dringend geboten.
 
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