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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Zu Wilhelm Diez' 50. Geburtstage, den 17. Januar 1889
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0156

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Nus drm Bauernkriege, anno 1525. von w. Diez

den jungen Meister eine große Schule, aus der eine Menge bedeutender Künstler hervorgegangen sind — so
Ernst Zimmermann, Räuber, Weiser, Weigand, Holmberg re. Sie ist entschieden die nationalste unsrer ver-
schiedenen Schulen geworden, da sie sich, wie der Meister selber, durchaus auf den heimischen Boden, die
eigene Geschichte beschränkte und dadurch, wie durch die vollständige Verleugnung der Antike allerdings nicht
nur einen höchst volkstümlichen, sondern auch etwas plebejischen Charakter erhielt. — Das erneuerte Studium
der deutsch-niederländischen Kunst aber sicherte ihr eine malerische Freiheit und Lebendigkeit des Vortrags,
wie eine gesunde Färbung, in denen sie bald ihre Vorgängerinnen übertraf.

Auf unfern Meister selber aber blieb doch die Umwandlung in einen berühmten Mann und glück-
lichen Familienvater auch nicht ohne Wirkung. Denn nicht nur wandte er sich jetzt häufiger der Darstellung
des Lebens der höheren Stände zu, wie denn sein berühmtes Picknick deutscher Edelleute zu Anfang des
achtzehnten Jahrhunderts (Nationalgalerie) erst jetzt entstand, sondern er empfand nunmehr auch das Be-
dürfnis, Familienszenen voll Gemütsinnigkeit zu malen. So seine ganz im Rembrandtschen Geschmack gehaltene
„Anbetung der Hirten", wo aber im Gegensatz zum Holländer Madonna und Kind voll Anmut, alle übrigen
wenigstens voll tiefer und schlichter Empfindung sind. Vielleicht noch hinreißend liebenswürdiger ist seine
„Ruhe auf der Flucht nach Ägypten", wo der sonst so borstige und im Äußern auch jetzt noch mehr einem
Räuberhauptmann als einem berühmten Akademieprofessor gleichende Künstler eine Gemülstiefe entfaltet, die
um so rührender wirkt, als man sie bei ihm am wenigsten erwartet. — Beide Bilder sind den Lesern der
„Kunst für Alle" schon bekannt, neu ist dagegen „Der Hinterhalt", wo er ebenso an Dürer erinnert wie dort
an den Amsterdamer Meister und doch überall ganz er selber bleibt.

Im übrigen aber ist, genau wie bei Menzel, die vollständige Absonderung zur Erhaltung der Un-
abhängigkeit des Schaffens bei Diez offenbar Bedingung der Eigenart desselben. Er schließt sich hermetisch
ab in seiner Werkstatt, nicht aus Menschenfeindlichkeit, sondern um der vielen Hin- und Herrederei zu ent-
gehen, welche ihm die eigene Empfindung verdunkeln würde. Ebenso bekümmert er sich wenig oder gar nicht
um das, was andre machen, seine Schüler ausgenommen. Dabei übt er doch die strengste Selbstkritik und
malt sehr lang an seinen anscheinend mit großer Leichtigkeit entstandenen Bildern, sowohl weil er beständig
ändert, als, wie schon erwähnt, seine Studien zu denselben alle vorher zeichnet, statt sie sogleich aufs Bild zu
malen. Dafür kann man freilich seine Werke sehr wohl neben ihre niederländischen Vorgänger hängen, ohne
daß sie dadurch irgendwie verlören, wie sie denn auch, dank seinem unablässigen Ringen nach Vollendung an
Wert noch fortwährend gewinnen.
 
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