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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Voss, Georg: Die Augenblicksphotographie und die Künstler
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Donner von Richter, Otto: Der Bericht der englischen Regierungskommission über die Haltbarkeit der Aquarellfarben
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0198

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Der Bericht der engl. Regierungskommission über die Haltbarkeit der Aquarellfarben, von V. Donner-von Richter föf


fanden, in denen genau dieselben Staffagefiguren benutzt
waren. Doch wenn auch in manchen Fällen diese Auf-
nahmen, als Eselsbrücken benutzt, in der Kunst der Gegen-
wart eine recht unwürdige Rolle spielen mögen, so wird
doch kein ernster Beobachter verkennen, welchen Nutzen
das Studium derselben unsrer tieferen künstlerischen
Kenntnis des Menschen, wie der Tierwelt gewähren
wird.*)

*) Wir können unfern Lesern noch die erfreuliche Mitteilung
machen, daß sich O. Anschütz entschlossen hat, seinen bis jetzt ge-

heim gehaltenen Moment-Apparat patentieren zu lassen und den-
selben in einer für Amateure geeigneten Konstruktion in den
Handel zu bringen. Dieser Amateur-Apparat ist in betreff des
Systems und der Konstruktion genau derselbe, welchen Herr
O. Anschiitz für alle seine Momentaufnahmen benutzt; was für
großartige Leistungen damit also zu erzielen sein werden, das
beweisen zur Evidenz die vorhandenen Bilder selbst, deren Be-
nutzung zur Illustration dieses Artikels uns liberaler Weise ge-
stattet wurde. — Namhafte Resultate auf dem Gebiete der
Augenblicksphotographie haben auch die Hofphotographen Schulze
L Suck in Karlsruhe erzielt, von deren trefflichen Leistungen die
Nachbildung auf S- 159 eine Vorstellung gibt.

Die Redaktion-

Oer Bericht der englischen Regierungskommiyion über die Haltbarkeit der Aquarellfarben

von Dtto Donner-von Richter

<-Hm Jahre 1885 fanden in den Londoner Zeitungen lebhafte

Erörterungen über die Frage statt: ob, oder ob nicht,
oder in wie weit der Einfluß des in Galerien und Privaträumen
herrschenden Lichtes die Haltbarkeit der Aquarellfarben beein-
trächtige? Und da diese Frage sowohl die Besitzer von Aquarell-
gemälden, welche für dieselben bedeutende Summen ausgegeben
hatten, als auch die Künstler, welchen diese Summen zu Gute
gekommen waren und die auch noch ferner solche zu erhalten
wünschten, in nicht unbeträchtliche und berechtigte Aufregung ver-
setzte, so nahm sich die Regierung in anerkennenswertester Weise
der Sache an und beauftragte zwei als ausgezeichnete Physiker
und Chemiker bekannte Männer, vr. W. F. Russell und
Hauptmann Abney, dieser Frage gründliche Untersuchungen zu
widmen. *)

Die Resultate dieser Untersuchungen sind nunmehr dem
Parlamente in einem Blaubuch vorgelegt worden und da die-
selben für alle ausübenden Künstler von der größten Wichtigkeit
sind, so halte ich es für wünschenswert, daß dieselben auch zur
Kenntnis unsrer deutschen Künstler gelangen möchten, und werde
daher im folgenden das Wesentliche jener Beobachtungen, wie
es sich aus einem Berichte der „Times" vom 8. August 1888
ergibt, Mitteilen.

Von dem Ministerium war ein Komitee von Künstlern
ernannt worden, welches in Verbindung mit den beiden Gesell-
schaften der „Maler in Aquarellfarben" handeln sollte, und
während dieses Komitee die Angelegenheit im Ganzen überwachte,
wurde der wissenschaftliche Teil der Aufgabe in experimentierender
Weise von den beiden genannten Chemikern und Physikern auf
das Gründlichste erforscht. Der erste Bericht dieser Herren liegt
nun vor und man kann nicht leicht die Bedeutung dieses Doku-
mentes hoch genug auschlagen. Zum erstenmale finden wir in
demselben die Resultate einer erschöpfenden Untersuchung über
die Einwirkung des Lichtes auf die Farben, insoserne als der
physikalische Teil dabei in Bettacht kommt. Die Erörterung der
einschlägigen chemischen Einflüsse ist einem zweiten Bericht Vor-
behalten, und auch dieser wird von höchstem Wert sein; aber
was jetzt schon veröffentlicht wird, — eine Arbeit, welche in
jeder Beziehung der hohen Reputation ihrer Verfasser ent-
spricht — verdient schon allein als maßgebend für einheimische
wie auswärtige Künstler anerkannt zu werden.

Die Erfahrungen, welche gemacht wurden, sind das Er-
gebnis des Einflusses des Lichtes auf die Aquarellfarben, welche
demselben während der Zeit vom Mai 1886 bis zum März 1888
ausgesetzt wurden, in welchem Zeiträume ungefähr 2109 Stunden
Sonnenscheines auf die Farben einwirkten. Dies kommt 8800
Stunden mittleren Blauhimmellichtes gleich, und die 8000 Stun-
den, während welcher die Sonne nicht schien, mögen als gleich-
wertig mit 2000 Stunden mittleren Blauhimmellichtes gerechnet
werden, was eine Totalzahl von 10,800 Stunden ergibt. Nun
wird es für den nicht wissenschaftlichen Leser überraschend sein
zu hören, daß, wie die photometrischen Messungen zeigen, „das
Blauhimmelslicht, welches ein Aquarellbild in dem Sooth-
Kensingtonmuseum bescheint, zwischen dem vierzigsten und neun-
zigsten Teil von dem variiert, welchem es (wenn keine Blenden
zur Dämpfung des Lichtes vorgezogen sind), unterworfen sein
würde, wenn es sich da exponiert befände, wo die Pigmente

') Vgl. „Kunst für Alle", II. Jahrgang, S. SS.

durch Hauptmann Abney exponiert worden waren und von dem
Blauhimmelslicht direkt getroffen wurden." Dieses Verhältnis
erscheint zwar unglaublich klein, doch müssen wir für seine Richtig-
keit dem Worte jener Herren vertrauen. Ist dem so, so kommen
diese 10,800 Stunden, während welcher die Pigmente bei Blau-
himmelslicht ausgesetzt waren, sofern nur dieses Licht in Betracht
gezogen wird, keiner geringeren Zahl als 480 Jahren ge-
wöhnlichen Museumslichts gleich! Oder in andern Worten:
der gleiche Grad des Verblassens, welcher sich bei den gemachten
Versuchen herausstellte, würde erst in nicht lvemger als 480 Jahren
einer Exponierung, wie sie in den Galerien des Kensington-
museums statlfindet, eintreten. Das heißt, die Exponierung,
welche die Farbstoffe in jenen 21 Monaten aushielten, ist ihrer
Dauer nach entscheidend; wenn eine Farbe dieser Exponierung
widerstanden hat, so wird sie in der That der gewöhnlichen
Exponierung durchaus Stand halten. Und die That-
sache, daß so viele Farben mit vollem Erfolg Widerstand leisteten,
wird eine höchst bedeutungsvolle und gute Kunde für die Künstler
sein; sie zeigt, daß, wenn die Künstler nur diese Farben ver-
wenden und die andern meiden wollen, ihre Malereien, bei nur
gewöhnlicher sorgfältiger Bewahrung, tyatjächlich für alle Zeiten
dauern werden.

Welche Farben dies sind, und welche andern Farben
unter verschiedenen Einwirkungen schwinden, das zeigen uns die
beiden Forscher. Auf die Angaben der Maler Sir James
Linton und Pnynter stellten sie ihre Versuche an einer sehr
vollständigen Liste von Farben, sowohl mineralischen als vege-
tabilischen, an.

Von geschickter Hand wurde eine Reihe von Farben auf
Streifen von Whatmannpapier aufgestrichen; diese Streifen wurden
in dünne Glastuben eingeschlossen und diese Tuben an einer
Wand aufgehängt, welche gegen Süden lag, so daß die Hälfte
der Tube dem Licht exponiert war, die andre Hälfte aber niit
amerikanischem Ledertuch sorgfältig derart bedeckt wurde, daß der
Lichtzutritt völlig abgesperrt war. Das Resultat dieses Experi-
mentes im großen Ganzen, erhellt aus folgender Übersicht, in
welcher die Farben nach dem Grade ihrer llnhaltbarkeit ge-
ordnet sind, und zwar mit der unhaltbarsten beginnend:

Karmin, Crimsonlack, Purpur-Krapp (purxle mackcker), Schar-
lachlack (scarlet lalle), Paynes Grau, Neapelgelb, Olivgrün, Indigo,
brauner Krapp (brown mackcker), Gummigut, Van Dyckdraun,
Braunblaßrot (drorrn-xmll), Jndischgelb, Cadmiumgelb, Leitches
Blau, violettes Karmin, Purpurkarmin, Sepia, Aureolin, Rosa-
Krapp, Permanentblau, Antwerpenerblau (Mineralblau), Krapp-
lack (maäcker lalle), Vermillion, Smaragdgrün, gebrannte Umbra.
Alle diese Farben veränderten sich; folgende aber
zeigten keinerlei Veränderung:

Gelber Oker, Indischrot, Venetianischrot, gebrannte Terra
di Sienna, Chromgelb, Zittongelb, natürliche Terra di Sienna,
grüne Erde, Chromoxyd, Preußischblau, Kobalt, Pariserblau,
Ultramarinasche. Alle diese sind Mineralfarben, mit Ausnahme
des Preußischblau.

Von 34 Mischungen blieben nur drei absolut unverändert;
sechs aber, welche Preußischblau enthielten, obgleich sehr verändert,
nahmen, nachdem sie während sechs Wochen und mehr in die
Dunkelheit gebracht worden waren, mehr oder weniger wieder
ihren ursprünglichen Farbton an, — eine sehr merkwürdige
Beobachtung, welche von den Aquarellisten wohl zu beherzigen ist.
 
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