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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Plauderei über japanische Malereien
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Daelen, Eduard: Skizzen- und Studien-Ausstellung in der Kunsthalle zu Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0324

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252

Lkizzen- und Studien-Ansstellung in der Kunsthalle zu Düsseldorf, von E, Daelen

manche seiner Blätter neben die der bedeutendsten Nieder-
länder stellen darf und sie selbst den Vergleich mit
Rembrandtschen Handzeichnungen ohne Schaden aushalten.
Seine eigentliche Blütezeit fällt in den Zeitraum von
1810 —1840. Aus dieser Zeit existiert ein von ihm her-
rührender Ausdruck, mit dem ich schließen will:

„Seit meinem sechsten Jahre hat mich eine eigent-
liche Besessenheit erfaßt, alles Mögliche zu zeichnen. Mit
meinem 50. Jahre habe ich eine ganze Reihe von Arbeiten
aller möglichen Arten publiziert, doch ohne eigene Zu-
friedenstellung. Das richtige Arbeiten begann bei mir
erst mit dem 70. Jahre. Ich mochte etwa 73 zählen,

da ging mir das wahre Verständnis für die Natur auf.
Ich hoffe demnach, daß ich mit 80 Jahren zu einer
gewissen Klärung der Anschauung gekommen bin, die sich
bis zum 90. Jahre weiter entwickelt hat, sodaß ich mit
100 Jahren sagen kann, ich besitze eine völlig künstlerische
Anschauung, und ist es mir vergönnt 110 Jahre zu
leben, so hoffe ich, daß aus jedem Punkt, aus jedem
Strich die lebendige, wahre Naturauffassung hervorleuchten
möge. Also geschrieben im Alter von 75 Jahren durch
mich, ehemals Hokousai, heute Gonakigo-Rodjin genannt,
einem vor Zeichnungsbedürfnis närrisch gewordenem
Alten!"

Skizzen- und Studien-AuFstellung in der Kunstyaile zu Düsseldorf

Von E.

s ist schon oft konstatiert worden, daß die Vorarbeiten
zu einem Bilde, die Skizzen und Studien, nicht
selten bei weitem interessanter für den Kenner seien wie
das Bild selbst; die schwerste Kunst ist es ja eben, die
frappierende Frische der Momentaufnahme, der unmittel-
baren Naturauffassnng oder der augenblicklichen Eingebung,
welche eine künstlerische Studie, eine gute Skizze in der
Regel auszeichnen, nun auch in der Ausführung festzu-
halten und mit der Sicherheit des bewußten Könnens
ebenso pikant zum Ausdruck zu bringen. So hat denn
von jeher der Reiz der Skizze selbst bei Laien eine ganz
besondere Anziehungskraft ausgeübt, und nicht umsonst
ist für den uneingeweihten Fremden der Besuch eines
Ateliers mit einem sonderlichen Nimbus umwoben.
Nicht minder zeigt sich in den häufigen Reproduktionen
von Studieumappen und Skizzenbüchern alter und neuer
Meister die allgemeine Beliebtheit solcher Einblicke in die
Werkstatt des künstlerischen Schaffens.

Mit dem Wachsen des allgemeinen Kunstinteresses
wird auch dieser speziellen Anteilnahme des Publikums
immer mehr Rechnung getragen, so daß in letzter Zeit
die Kollektivausstellungen von Skizzen und Studien eines
Künstlers, die von seinem Entwicklungsgang sowie von
dem Umfang seines Schaffens eine klare Anschauung geben
sollen, in den Kunststädten geradezu Mode geworden sind.
Von einer bahnbrechenden Wirkung war in dieser Hinsicht
jedenfalls die anfangs der siebziger Jahre arrangierte
Ausstellung des E. von Gebhardschen „Abendmahls",
welchem zugleich eine reiche Kollektion von Studien bei-
gegeben war; den letzteren konnte man kaum den geringeren
Teil an dem phänomenalen Aufsehen, das diese eigen-
artigen Künstleroffenbarungen verursachten, zuschreiben.
Welchen anziehenden Reiz die geistreich hingeworfene
Skizze auszuüben vermag, ließ sich namentlich auch recht
eklatant bei Gelegenheit des Dezemberfestes 1887 der
Düsseldorfer Künstler in dem sogenannten „Salon der
Refüsierten" beobachten. Damals hörte man mehrfach
— und wahrscheinlich nicht ganz mit Unrecht — be-
haupten, daß Düsseldorf noch nie eine interessantere Aus-
stellung gesehen habe; wenigstens ließe sich auf einem
so engen Raum schwerlich mehr sprudelnder Witz zu-
sammenbringen.

Aus ähnlichen Erwägungen mag die Idee hervor-
gegangen sein, welche einige Düsseldorfer Künstler, nament-

Daelcn

lich der jüngeren Schule, zusammenführte, um eine An-
zahl ihrer Skizzen und Studien in der Kunsthalle zur
öffentlichen Ansicht zu bringen. Leider läßt sich nicht
behaupten, daß hier ein gleich günstiges Resultat wie
bei dem erwähnten Dezemberfest erzielt worden wäre.
Der Unterschied tritt in allem unverkennbar zu Tage und
beruht wohl leicht erklärlicher Weise hauptsächlich darin,
daß damals das Unternehmen von der Hellen Begeisterung
der ganzen Künstlerschaft getragen mit gemeinsamer Kraft
und Freudigkeit ins Werk gesetzt wurde, während hier
tendenziöse Sonderbestrebungen die Leitung übernommen
und von vornherein Unfrieden und Mißstimmung in der
Künstlerschaft vielfach hervorgerufen haben. Es ergibt sich
hier wieder recht deutlich, wie radikal eine an sich gute Idee
durch eine verfehlte Ausführung zu nichte gemacht werden
kann. Direkt ersichtlich ist der Unterschied schon darin,
daß das Originelle und Extravagante, welches jenem
Salon der Refüsierten gerade seine höchst reizvolle Signatur
verlieh, hier mit aller Ängstlichkeit ausgeschlossen und dem
gegenüber das, was sich mit Behagen in ausgetretenen
Geleisen bewegt, der Vorzug gegeben und ihm ein möglichst
breiter Raum gewährt worden zu sein scheint.

Von den älteren Künstlern sind fast alle ferngeblieben
und von den jüngeren fehlen auch die meisten der eigen-
artig begabten. Außerdem trägt die Ausstellung einen
vorwiegend landschaftlichen Charakter, einen „recht grünen",
— wie ein etwas boshaftes Bonmot behauptet —; selbst
die Figurcnmaler sind zum größten Teil mit Landschafts-
und Architekturstudien oder Stillleben vertreten; von
lebensgroßen Figurstudien ist kaum eine zu erblicken und
wenn man nach dieser Zusammenstellung die Düsseldorfer
Kunst beurteilen wollte, so könnte man annehmen, die
Figurenmalcrei sei hier ans den Aussterbeetat gesetzt. —
Einige der Koryphäen haben augenscheinlich nur pro forma
mit ausgestellt. Wie müßte es beispielsweise äußerst
interessant sein, wenn ein Meister wie Andreas Achenbach,
der in seinen dramatisch wildbewegten Marinebildern für
die frappante Erfassung und Wiedergabe der effektvollen
Bewegung im Moment die höchste Begabung bekundet,
uns einen Blick in die seltsamen Wunder seines Ateliers
zu werfen vergönnte! Statt dessen bringt er nur einige
wenig charakteristische Detailstudien, die ebenso gut auch
irgend einer seiner Minderbegabten Kollegen gemalt haben
könnte. Ebenso was Oswald Achenbach und Kröner
 
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