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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Barth, Hans: Römerbriefe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0357

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278

Vor der Hauskhür. von Hermann Vogel

Üomerüriefe

Von Dr. Dans Barth

ine Ausstellungsära, ein Kunstfieber, das in der
guten alten Roma in früheren Zeiten unerhört war,
hat für uns begonnen; es scheint, als kehre das goldene
Zeitalter der großen Meister zurück (d. h. was die Quan-
tität betrifft), denn vier, nicht weniger als vier „Kunst-
ausstellungen" stehen gleichzeitig offen. Da ist die nor-
male alljährliche Ausstellung der »^matori e Lultori
clelle belle arti« (unser „Salon"), dann die distinguiertere
Ausstellung der römischen „Größen", genannt »In ^Vrte
libertas«, beide im Ausstellungspalast der Via narionale,
endlich eine Aquarellisten-, zum Schluffe eine Ker-
amik-Ausstellung; und wer weiß, wie viel ähn-
liche Ausstellungen wir, falls wir Zeit zum suchen
hätten, noch herausrcchnen würden. Wir beschäftigen
uns heute nur mit den beiden erstgenannten, d. h. mit
dem „Salon" und mit dessen Konkurrentin, »In ^rte
libenas«, in welcher die Großen, oder vermeintlich
Großen, den Klemm und Mittelmäßigen vom Salon
ein hochtrabendes ,()uos ego« cntgegenschlcudcrn wollen.
Die Ausstellung der römischen „Kunstfreunde" hat, was

wir vorausschickcn, im allgemeinen kein gutes
Jahr und man hätte — was auch für ge-
wisse Werke der feudalen »In arte libcrtas«
gilt — kecklich das Motto über ihre Thür
nageln dürfen: „Gott grüße das edle Hand-
werk". Schon die Jury, resp. der „Direktivns-
rat", dem u. a. Künstler von Namen an-
gehören — schon dieser hohe Rat der römi-
schen Künstlergilde hat eine ganz erschreckliche
Gleichgültigkeit (um nicht ein schärferes Wort
zu gebrauchen) an den Tag gelegt und in
der Zulassung der Werke einen Mangel an
Urteil bewiesen, der die Abwesenheit mancher
besseren Künstler nur allzu begreiflich er-
scheinen läßt. In eine so gemischte Gesellschaft
wagt man sich eben nicht gerne, auch wenn
man einen leidlich guten Namen (und wäre
es nur als Kunstindustrieller) besitzt. Aber,
um Gottes willen! thun wir den wenigen
wahren Künstlern kein Unrecht, die zweifels-
ohne im „Salon" vertreten sind und die —
Ausnahmen bestätigen ja die Regel! — die
allgemeine Misere nur desto intensiver be-
leuchten. Die Malerei (Ölbild und Aquarelle)
weist 272 Nummern auf, darunter einige
Dutzend braver und ein Dutzend wirklich
vorzüglicher Werke. Da finden wir die von
inniger Poesie und echtem Naturverständnis
durchhauchten Tiber- und Campagnabilder
Cesare Bertollas, ganz einfache Ansichten
vom Teverone, von der Umgegend Roms, von
Terracina rc., aber so unbedeutend der Stoff
auch scheinen mag, diese Landschaft mit der
im Kampagnagrase weidenden Herde lebt,
jeder Strauch, jeder Grashalm lebt — über
jenen Morgen in der Campagne liegt ein
unvergleichlicher bestrickender Duft von Morgen-
frische, der uns selbst hinaus locken möchte
in den jungen erwachenden Tag. Noch
einige andre Landschaftsbilder fesseln uns; eine un-
vollendete Apenninstudie Baruccis; Petitis „Herbst"
— ein trefflich charakterisiertes Waldbild; endlich des-
selben Künstlers »Zorgente« (Quelle), ein von dichtem
Blötterdunkel überschattetes Moosplätzchen im Walde, wo
eine Quelle aus dem Boden hervorrieselt. Hier ist alles
so plastisch „dargestellt", das Felsgeröll, die Blätter und
Äste und das Moos, das den Boden bedeckt und sich an
die alten knorrigen Stämme anschmiegt — ein solcher Zauber
von Poesie liegt über dem Ganzen, daß wir uns unwillkür-
lich nach der Waldnixe umsehcn oder auch nach dem
Liebespärchen, das diesen traulichen Platz zu seinen
Kosestunden erwählt hat. Natürlich fehlen auch die
unvermeidlichen Lagunenbilder nicht, sei es in Öl,
sei es in Aquarelle — von denen Zanettis fast
nordisch angehauchte „Fischerszene" (^lla Lesen) und
de Gross! Adelchis »Lanal graucke« uns am besten
gefallen. Neben Sassis etwas skizzenhaften Land-
schaften vom »Ua§o dlaZgiore« seien auch des Wieners
Brioschi zwei gute Gemälde „Abend" und „Un-
vergeßlich" erwähnt. »Da. sernr bietet uns eine Ansicht
aus dem Sabinergebirge, ein von Cypreffen- und Öl-
waldung umschlossenes Kloster in seiner Weltabgeschiedcn-
hcit voll tiefer Friedensstimmung. „Unvergeßlich" da-
 
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