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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Das König Johann-Denkmal in Dresden: enthüllt am 18. Juni 1889
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0406

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^7

Das König Johann-Denkmal in Dresden

Enthüllt am t8. Juni x88y

<^um 800jährigen Jubiläum des sächsischen Königshauses Wettin
ist in Dresden das König Johann-Denkmal von Johannes
Schilling enthüllt worden, durch welches die sächsische Haupt-
stadt um ein bedeutendes Monument reicher geworden ist. Es steht
an hervorragender Stelle zwischen der katholischen Hofkirche, dem
Semperschen Museum und dem kgl. Hoftheater (ebenfalls von
Semper), gibt also diesem weiten und archi-
tektonisch so wichtigen Platze Dresdens seinen
monumentalen Abschluß. Inmitten der
Bauten für Kunst und Wissenschaft ist über-
dies König Johann, den der Künstler als
Friedenssürsten aufgefaßt hat, durchaus an
seinem Platze.

König Johann reitet auf ruhig ein-
herschreitendem Pferde, auf seinen Schultern
ruht der Krönuugsmantel, im rechten Arme
das Szepter. Der Unterbau von dunkel-
grünem Lausitzer Syenit ist ein müßig hoher
Sockel auf drei mächtigen Stufen und weist
vier quadratische Eckvorlagen auf. Das
Postament ist dreiteilig mit zumeist bogen-
förmigen Grundrißlinien. Das untere
Bronzepostament trägt zwei Figurenfriese,
während auf den vier rechteckigen Aus-
ladungen des Unterbaues zylinderisch ge-
sonnte Kandelaberpostamente stehen, die mit
dem unteren Bronzepostament zu einem
Ganzen verschmolzen sind und aus ihm
hervortreten. Diese Postamentglieder tragen
vier gedrungene Kandelaber als Flammen-
träger, ihre Ornamente stehen in Beziehung
zu den darunter befindlichen figürlichen
Darstellungen. Zwischen ihnen erhebt sich
das obere, gleichfalls mit Relieffiguren und
Emblemen geschmückte Bronzepostament.

Dieses endet in einer mit stilisierten Blumen
verzierten Plinthe, welche das Reiterbild
selbst trägt. An der vorderen Randfläche
des oberen Postaments steht unter
der Königskrone der Name Johann. Zwei
Rosenkränze mit den Zahlen 1822 und
1872 deuten auf das 50 jährige Ehejubel-
fest des Herrschers, während an der Rück-
seite die Regierungsjahre 1854—1873 ein-
geschrieben sind. Das Bildnis Dantes und
das Buch der göttlichen Komödie weisen
auf des Königs bedeutsame Tanteforschung
hin. Die Seitenflächen weisen Genien mit
Jnschrifttafeln auf, deren Bibelsprüche (Spr.

Salom. 20, 28. Offb. Joh. 2, 10) die edlen
Eigenschaften König Johanns andeuten.

Die Figurenfriese am unteren Po-
stament erstrecken sich über die Langseiten
und die zylindrischen Eckpostamente; sie
schildern das werkthätige Volksschaffen im
blühenden Sachsenlande. Die vier Kande-
laber sind der Wehrkraft, der Wissenschaft,
den Künsten und der Industrie gewidmet,
demgemäß weisen die Kandelaberfüße in
gleicher Folge auf: zwei Löwen, die
kämpfend in den Blitz greifen; zwei Sphinxe
und die Eule; zwei Leyer haltende Greifen;
feuerspeiende Drachen, Hämmer und Ambos;
während die Schäfte wiederum in gleicher
Folge mit Eiche und Lorbeer, Palmen und Lilien, Blumen und
Lorbeer, Tannenreis, Ähren und Weinreben geschmückt sind.

Das Postamentrelief am Kandelaber der Wehrkraft er-
innert an den Einzug des siegreich aus Frankreich heimkehrenden
Heeres nach Dresden. Die Stadtgöttin spendet der Wehrkraft —
einer gewaffneten Jungfrau — den Kranz, ein Veteran und
ein Knabe eilen herbei, Krieger aller Waffengattungen stehen
zur Seite. Am Kandelaber der Wiss ens ch aften sehen wir die
Gottesgelehrsamkeit — ihr zur Seite Schule und Erziehung, an-
gedeutet durch die Belehrung eines Knaben — dann die Rechts-
wissenschaft, neben ihr sitzend die Heilkunde, Chemie, Physik,
Philosophie. Geschichte, Altertumskunde und Mathematik be-

schließen die Reihe. Der Kandelaber der Kunst zeigt die alle-
gorischen Gestalten der sieben Künste, rechts zunächst die Malerei,
welche in das bunte Treiben der Landleute — im Längsfries-
relief — hineinschaut, dann sitzend die Bildhauerei mit Hähnels
Michelangelo-Statuette auf dem Schoße, dann die Architektur
und auf den Grundstein des neuen Theaters (mit dem Phönix-

bilde) gestützt: die Musik. Es folgen weiter die Dichtung, die
Schauspielkunst (mit einem die Maske vorhaltenden Pagen) und
der Tanz. Der vierte Kandelaber zeigt als Frauengestalt mit
Schurzfell und Hammer die Industrie, ihr zur Seite das
Schwungrad drehend die als Najade gebildete Dampfkraft. Um
beide gruppieren sich eine Reihe arbeitende Gestalten, welche die
Holzindustrie, die Kunsttöpferei, das Spitzenklöppeln, die Web-
kunst und Metallindustrie im großen und im kleinen, von der
Bearbeitung der Eisenbahnschiene bis zur Uhrmacherkunst, dar-
stellen.

Der Relieffries der südlichen Langseite veranschaulicht die
Bodenkultur. In der Mitte lehnt die Gestalt der Naturkraft,

Ixsstka. von Nathanael Sichel

Erste Münchener Zahres-Ausstellung I88Y
Photographieoerlag der Photographischen Union in München
 
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