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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 4.1888-1889

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Pecht, Friedrich: Die erste Münchener Jahres-Ausstellung 1889, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9419#0432

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ZZ8

Die erste Münchener Iahres-Ansstellung I88y. IV. Bildnisse

fett dadurch geworden, daß sie ihren Arbeitern das Fasten erleichtert. Zu diesem Verschöuerungssystem will nun
aber weder die Freiluftmalerei noch der Impressionismus stimmen, da sie beide Zeichnung und Modellierung
gleich sehr vernachlässigen, die Gipsmaske aber vollends verleugnen, in die man früher die widerstrebendsten
Gesichter gepreßt. Da hilft man sich denn mit interessanten Stellungen, in denen unsre modernste Porträt-
malerei wirklich das äußerste leistet, wie im faden, aber vielverheißenden Lächeln der Damen. So hielt ich
eines der Bilder lang für einen Pierrot, der in seiner weißen Jacke, die Beine übereinander geschlagen

dasitzend, gerade die lächelnde Maske vor-
genommen, bis ich entdeckte, daß das eine
Dame vorstellen sollte. Eine andere be-
schreibt mit dem Oberkörper beinahe einen
rechten Winkel und spitzt den Mund, an-
scheinend um jemandem in der Ferne zu
pfeifen u. s. f. Mehr an die van Dyk'schen
Traditionen hielt sich Fr. Aug. Kaulbach,
dessen Bild eines alten Mannes (seines
Vaters) wohl ungefähr das beste sein möchte,
was von Bildnissen vorhanden und sowohl
ob der scharfen Charakteristik als unge-
zwungenen Haltung ein ganz gediegenes
Kunstwerk genannt werden muß, das be-
sonders auch durch die feine Zusammen-
stimmung der Töne etwas Klassisches er-
hält. Auch zwei Damenköpfe zeigen den
Koloristen und Meister des Helldunkels
wie des Ausdrucks. — Nur das Bild
S. K. H. des Prinzregenten im schwarzen
Frack ist übereilt, nicht auf gleicher Höhe
mit den andern. — Die Porträte des
Prinzen Ludwig und des Prinzen Alfons
von Falckenberg und Toni Aaron
scheinen dann wenigstens sehr ähnlich. —
Alb. Keller gab vier elegante Damen
nicht ohne Reiz der Individualität und
Totalstimmung, aber doch gar zu nach-
lässig gezeichnet. Viel gesunde Natur-
empfindung zeigt das Bild einer ältern
Dame von Klara v. Rappard, ebenso
das eines Prälaten von Orrin Peck, und
köstlich humoristisch mutet ein lustiger und
durstiger Rheinländer von Mosler-
Pallenberg an, ein echter Charakterkopf.
Dasselbe konnte man auch einem männ-
lichen Porträt und einem Selbstbildnis
von Erdtelt nachrühmen, die in ihrem
Rembrandtschen Helldunkel vorteilhaft gegen
die Nüchternheit der Graumaler abstechen.
Unter diesen nimmt Kurt Hermann dies-
mal wohl den ersten Platz ein, dessen Bild-
nisse durch ein sehr scharfes Erfassen des
Individuellen, trotz der allzu reizlos grauen
Farbe, und durch wenigstens verhältnis-
mäßig feine Modellierung fesseln. In letzterer erreicht übrigens keiner unsrer Maler die bessern Franzosen,
am wenigsten jenen Bastien Lepage, den doch so unzählige nachäffen, weil eben der Nachahmer immer hinter
dem Vorbild zurückbleibt. Am meisten haben nach dieser Seite der Modellierung hin Jakobides bei seinem
Männerporträt, Fedor Encke in Berlin mit einem jungen Mann und einer alten Frau, dann besonders
Kießling in Dresden erreicht, dessen Männerköpfe in der Feinheit der Modellierung allen vorausgehen.
Pohle dort gab ein imponierendes Frauenbild, und interessant durch die natürliche Auffassung ist auch ein
anscheinend nur untermaltes Damenbild von Sam Hab er. Zu den besten Charakterköpfen gehört unzweifelhaft


Dir Himmelsbraut, von Karl voß

Erste Münchener )ahres-Ausstellung 1889
ssbotogrophieverlag der photographischen Union in München
 
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