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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Proelß, Johannes: Modelle, [5.1]: Novellenkranz ; Hermione
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Preisausschreibungen - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0032

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Novellenkranz, von Johannes proelß — Personal- und Ateliernachrichten

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auf und machen, daß Sie hinüberkommen. Ich brauche
Sie nicht mehr." Dabei griff er in feine Tasche und
reichte ihr ein Zwanzig-Markstück hin. „Da. Für den
Überschuß kaufen Sie sich etwas Warmes, damit Sie sich
nicht unnötig erkälten!" Er sagte es hart und rauh.
Da aber fuhr sie auf. Sie griff hastig nach ihren Sachen;
nahm das Geld und warf es ihm vor die Füße. „Sie
eingebildeter, herzloser Mensch, Sie!" — rief sie in Heller
Empörung. „Glauben Sie, man hat auch seine Ehre!
So laß ich mich nicht in den Schmutz treten. Auch von
Ihnen nicht, Sie . . . Sie . . .! Und wenn ich zehnmal
nicht mehr bin als ein armes Geschöpf, das Modell steht."
Und damit nahm sie das Goldstück doch nochmals auf,
um es zu behalten, und lief ins Zimmer zu Cäsar.
Der hatte gerade den Geschäftsreisenden einer Bau-
gewerksfirma empfangen und war nicht wenig erstaunt
über die plötzliche Erscheinung und den aufgeregten Zu-
stand der sonst nur von lachendem Leichtsinn bewegten
Dirne. Ihrem Appell an seine Ritterlichkeit kam er um
so lieber nach, als er in dem Austreten Karls nur dieselbe
stolze Überhebung, denselben anmaßenden Hochmut erkannte,
welche ihn seit dem Zusammenleben mit ihm schon so oft
aufgebracht hatten. Im Grunde war es freilich nur die
Willenssicherheit und Zuversichtlichkeit Karls, was er so
nannte. „Wie kannst du denn der Jda so mir nichts
dir nichts kündigen, ohne mich nur ein Wort zu fragen?
Das ist wider die Abrede, du Großprotz!" — „Ich
erwarte den Besuch einer Dame, welche die Gefälligkeit
haben will, mir für eine neue Arbeit zu sitzen." —
„Ah so!" rief Cäsar dagegen, „da mag dir freilich die
Jda im Wege sein. Aber was geht das mich an. Ich
habe Modellgemeinschaft mit dir ausbedungen!" Es gab
eine heftige Szene. Karl bestand darauf: in seinem
Atelier könne er machen, was er wolle, gerade wie Cäsar
in dem seinen. Cäsar drohte, wie er schon oft gethan,
mit gänzlichem Abbruch des Verkehrs. Jede solche Auf-
kündigung gemahnte Karl stets an die Rücksicht, zu der
er sich dem so vielfach benachteiligten Stiefbruder gegen-
über verpflichtet fühlte. Diesmal aber hatte er nur ein
eisiges Schweigen zur Antwort. In Cäsars Ohr aber
zischelte die jetzt erst recht empörte Dirne, die sich dicht
an ihn schmiegte: „Nein, hier müssen Siebleiben! Wir
wollen uns rächen. Zusammen! Ich werde dirs lohnen."
Dabei drückte sie die Thür zu, durch welche der Wort-
wechsel stattgefunden und derselbe hatte ein Ende. Aber
nicht der Kriegszustand, welchen derselbe eingeleitet. Denn,
war schon Cäsar, als er den heißen Atem des aufgeregten
schönen Weibes so nah an seiner Wange spürte, bereit, ihr
zu einer eklatanten Rache zu verhelfen gegen den Lohn,
den ihre letzten Worte verhießen, so wuchs dieser Vorsatz
zum wilden Rachedurst, als er später durch ein Loch,
das er schon längst in die Thür gebohrt hatte und nach
Bedarf mit Wachs verklebt hielt, den Besuch belauschte,
den die schöne vornehme Dame dem Bruder nebenan
machte, dem schönen Niedeck, wie ihn die Leute im Gegen-
satz zu ihm, den häßlichen, nannten. „Das ist die Dame?"
wisperte die Jda gedehnt, als auch sie das Guckloch
benutzen durfte. „Das ist ja die Schwarz, die hochnäsige
Schauspielerin. Also wegen der?! Eine „Dame" vom
Theater. Freilich, die versteh'ns besser, die Tugendhaften
zu spielen, als so eine ehrliche Haut wie ich. Verstellung,
das ist ja der ihr Geschäft." Cäsar aber knirschte für
sich: „Auch eine. Aber schöner und seiner wie die andern.

Und darum will er sie allein für sich haben. Für den
geliebten Bruder genügt der Abhub . . . Aber warte!
Ich will dieser Salonschlange das glatte, vornehmlächelnde
Lärvchen vom Gesichte reißen. Ich will dir den Staar
stechen, der du sie, weil sie fein und schön ist wie du,
nun auschmachtest und anhimmelst, als sei sie die heilige
Jungfrau und du der heilige Lukus. Die Scheinheiligen,
das sind die schlimmsten." Und diesen Gedanken weiter
spinnend setzte er sich vor einen Karton und entwarf nach
seinem Modell die Skizze zu einer „Eva", in deren
Gesicht er den Ausdruck des Geständnisses legte: „Wir
sind allzumal Sünderinnen" — und um einen Baum-
stumpf, auf welchem der rechte Ellbogen dieser „nor-
malen Ursünderin", wie er sie nannte, ruhte, komponierte
er den geringelten Leib einer Schlange, die ihren Kopf
in graziösem Ringelwurf eben zur lauschenden Eva empor-
reckt, und diesem Kopfe gab er menschliche Züge . . .
Ein alter Meister hatte diese Idee, wie ihm einfiel, schon
einmal auf einem Bilde verwertet. Er wollte sie für die
Plastik erobern und damit zugleich — sich rächen . . .
(Der Schluß im nächsten Hefte)

Personal- und Meliernachrichken
N. Budapest. Der Abt zu Paunonhalma hat den Maler
Professor Karl Lotz beauftragt, daß er zu Fresken des be-
rühmten Domes Skizzen anfertigen soll; ebenso werden die
Loggien des Klosters mit historischen Fresken geziert. Professor
Lotz wird noch im Laufe des Winters die Entwürfe fertig
machen, wozu auch der Wirkungskreis des patriotischen Ordens
als Sujet dienen soll. Im nächsten Jahre gedenkt der Künstler
die Arbeit in Angriff zu nehmen. — Professor Lotz hat die
Skizzen der für die Ostwand des Prunksaales der Akademie der
Wissenschaften in Budapest bestimmten Fresken vollendet, die
noch wirkungsvoller und künstlerisch schöner und besser sind als
die gleichfalls von ihm gemalten Fresken der Westwand. Das
Bild — eigentlich in drei geteiltem, jedoch zusammengehörigen
Feldern — zeigt ein Gebäude in anmutigem Renaissance-Stil,
mit einem ruhig wirkenden Hintergrund, und einer Gruppe von
hervorragenden Persönlichkeiten, die die Entwickelung der un-
garischen Litteratur und Wissenschaft symbolisiert. Im mittleren
Felde ist der König Mathias Corvinus die Hauptgestalt,
um ihn sind die Gestalten von Johannes Vitöz, Janus
Pannonius, Galeotti, Bonfinius u. a. Links ist das
Zeitalter der Reformation dargestellt, dessen Hauptgestalt PLz-
män ist; um ihn herum befinden sich die berühmten katho-
lischen und protestantischen Theologen, vorn in gut gewählter
Lage Johannes Csere von ApLca, wogegen auf der Galerie
die Gestalten von Gabriel Bethlen, Susanns LorLnfi
u. a. sichtbar sind. Auf der rechten Seite sind die Dichter von
Jlosvai und Balassa bis Klemens Mikes; in der
Mitte ist die ritterliche Gestalt des Dichters Zrinyi sichtbar.
Der ganze Cyklus enthält in geschickter Gruppierung 50 Ge-
stalten, größtenteils Porträts. — Der König hat zu seinem Ge-
burtsfest von der Kronprinzesfin-Wittwe Erzherzogin Stephanie
ein Pastellbild zum Geschenk erhalten, das von der ungarischen
Malerin Frln. Marie Biasini aus Klausenburg gemalt, die
kleine Erzherzogin Elisabeth, Tochter der Kronprinzesfin-Wittwe
darstellt. Das Bild ist so lebenstreu und ausgezeichnet, daß die
Künstlerin, die längere Zeit im Schlosse zu Laxenburg weilte,
volles Lob verdient. Vorher malte sie schon die Kinder des
Erzherzogs Friedrich in Preßburg mit demselben guten Erfolg. —
„Vorposten" ist der Titel eines größeren Soldatenbildes, das
der ungarische Maler Eduard Rinyi in Venedig im Auf-
träge des Prinzen Don Carlos gemalt hat. Das Bild zeigt
eine ziemlich bewegte Szene, in der berittene Soldaten einen
Spion verhaften und binden. Das Bild hat dem spanischen
Thronprätendenten derart gefallen, daß er dem Maler eine wert-
volle Brillantnadel zum Andenken gab.
— Wien. Friedrich Friedländer in Wien hat den
Orden der eisernen Krone und dadurch als „Ritter von Mal-
heim" den persönlichen Adel erhalten.
 
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