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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Pecht, Friedrich: Die erste Münchener Jahres-Ausstellung 1889, [8.1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0038

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Von Friedrich pecht

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Im lVartrsaal. von Karl Seiler
Erste Münchener )ahres-Ausstellung ^889
pbotograxhieverlag der Photographischen Union in München

2. Italiener
7?7>aß die italienische Kunst Fortschritte mache, läßt sich nach der wenig zahlreichen Vertretung, die sie dies-
mal gesandt, weder behaupten noch verneinen. Denn es sind lauter alte Bekannte, die sich lwi uns ein-
gestellt, um die deutsche Kundschaft doch nicht ganz zu vernachlässigen. Gute Rechner wie sie es sind, haben
sie ihr denn auch blos gangbare Artikel zugeschickt, wenn auch diesmal Herr Vinea die Rolle des Conti,
dieser die des Vinea übernahm. Chierici sandte wieder Kinder, Ciardi einige seiner Lagnnenbilder, in ihrer
Art unstreitig das gesundeste. Nicht als ob die andern ungesund wären, nein, im Gegenteil, das sind die
Italiener schon darum nicht, weil sie genau wie die Holländer den Verstand haben, nur ihre Nation, ihre
Landschaft zu schildern — oft bunt, ja ein wenig schreiend, fast immer aber sonnig und lustig. — Davon macht
nur der Venezianer Nono eine Ausnahme mit einem vollendeten Meisterstück, wo ein Bauer mit seiner Frau
spät abends vom Felde zurückkehrt und beide an der unter hohen Bäumen stehenden Dorskirche vorbeischreitend
ehrfürchtig den Hut lüften. Da ist aber ein Dämmerungszauber über diese einfache Szene gebreitet, daß man
unwillkürlich auch den Hut abzieht vor solcher Abendandacht, die das mühevolle Leben dieser armen Menschen
am Schluß des Tagewerks noch mit einer Handlung der Demut heiligt. Man kann das innige Verwachsensein
des Landmanns mit der Natur nicht eindrucksvoller und zugleich anspruchloser schildern, die Ruhe und das
Schweigen der Nacht nicht weihevoller wiedergeben als hier, wo alles die gleiche Hingebung atmet, nicht
nur diese einfachen Menschen. — Erweist sich Nono so als echter Dichter und Stimmungsmaler, so ist das
im übrigen nur selten die Sache seiner Landsleute, die für romantische Schwärmereien wenig Beruf fühlen,
Sonnenschein und buntes Getriebe weit mehr lieben, als solche Ruhe. Am besten zeigt das Vinea, der dies-
mal ein junges, vornehmes Ehepaar des sechzehnten Jahrhunderts der Großmutter, einer ehrwürdigen Matrone,
einen Sonntagsbesuch abstatten läßt. Das Söhnchen ist schon vorausgesprungen, um als Liebling sich seinen
Kuß von der Großmama zu holen. Da sind nun alle Personen, besonders aber das schöne junge Ehepaar,
mit einer überzeugenden Wahrheit geschildert, die weit über Vineas sonstige Leistungen hinausreicht, der gar
s*

-O
 
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