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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Proelß, Johannes: Modelle, [6.3]: Novellenkranz ; Sancta Magdalena
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Brandes, Otto: Pariser Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0228

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Modelle. Novellenkranz. von Iohannes^j)roelß — pariser Brief, von Vtto Brandes

l?t

wirklichen Erlebnis. Sie kennen es ja. In meiner »kieb und Leid, wenn ließen die
Phantasie hat sich das Gesicht meiner Jugendliebe mit Minnen je sich scheiden?"
dem der Magdalena zu einem Bilde verschmolzen. Was aber das Schlußwort des Kritikers betrifft," schloß
Seltsam genug, wie das zu stände gekommen!? Und er," so hätte er sich es erst recht sparen sollen." Es war
dies Gesicht ist mein Eigentum, ein Geschöpf meines der Wunsch gewesen, daß die Wirklichkeit dem Maler
Geistes! Es ist mein Ideal von weiblicher Schönheit, bald ein schönes frisches Modell bescheren möge, das
Daß ihm soviel Traurigkeit innewohnt?'. . Ist Lieb- seinem Schönheitsideal entspräche. — „Ich brauche kein
reiz nicht Anreiz zur Liebe? Und wie sagt der alte Modell mehr," rief er. „Mein Ideal steht jetzt fest und
Meister Gottfried von Straßburg: es genügt mir!"
(Der Schluß im nächsten Hefte)

Variscr Brief
von Otto

er Streit in der Pariser Künstlerschaft grollt fort,
oder vielmehr das Wetter hat bereits eingeschlagen,
und die beiden Gruppen haben ihre Scheidung vollzogen.
Diejenige, die sich um den Pol Bougucreau gesammelt
hat, wird ihren Salon in dem früheren Lokale, in dem
Jndustriepalast in den Lbamps Ulysses abhalten, während
die Gruppe Meisionier, die »Lociete nationale«, wie
sie sich nennt, im Vertrauen auf die Anziehungskraft der
großen Talente, die sie bilden, draußen auf dem Aus-
stellungsfelde in dem Valais cles deaux arts die Werke
ihrer Mitglieder zur Kenntnis des Publikums bringen
wird. Die Societe Bougucreau, die im Prinzip in dem
durch die Lx und kl. L. heraufbeschworenen Streite recht
-^behalten, wenn sie sich entschlossen hätte, alle Vorzugs-
2?rechte abzuschaffen, wird jetzt nur auf geringe Sym-
palhieen rechnen können, nachdem sie ihren Salon in den
alten Formen öffnet. Die Gruppe Meissonier ist die vor-
nehmere geworden. Sie kennt keine Vorzugsrechte aber
auch keine Medaillen. In ihren Salon ausgenommen zu
werden, wird schwieriger als bisher sein.
Die Frage entsteht nun, wo soll der fremde Künstler
ausstellen. Ich fürchte, er wird den Salon wählen, in
welchem man auf die Belohnungen nicht hat verzichten
wollen. Eine ehrenvolle Erwähnung oder gar eine Me-
daille im Pariser Salon erhalten zu haben, war stets
für unsre Künstler eine große Empfehlung, und ich kenne
eine ganze Reihe derselben, die schon auf die Thatsache
hin, daß ihre Arbeiten im Pariser Salon zur Aus-
stellung angenommen wurden, besonders aber nach
einer Auszeichnung Aufträge erhalten haben, um die sie
sich vorher vergeblich bemühten. Der Salon der »Lociels
nationale« verleiht wie gesagt kein äußeres Zeichen für
das Begehen einer künstlerischen That. Der fremde Künstler,
der aber daheim etwas aufweisen soll, und der nicht in
der Lage ist, dem Publikum den Unterschied der beiden
Salons auseinanderzusetzen, ihm zu erklären, daß es ruhm-
voller vielleicht ist, in dem Salon Meissonier ohne Aus-
sicht auf Medaillen eine Heimstatt zu finden, wird, wenn
er persönlich die äußeren Zeichen der Anerkennung auch
gering anschlägt, vorziehen, innerhalb des Kreises der
Kunstgenossenschaft auszustellen, die dergleichen verleiht.
Diese Trennung der französischen Künstler wird nicht
von langer Dauer sein. Der Salon hat seit seiner
Gründung durch Colbert schon andre schwierige Situationen
durchgemacht. Vielleicht wäre es mit Rücksicht auf die
bestehenden Streitigkeiten um so zweckmäßiger gewesen, zu
dem alten Prinzip der Bienuität des Salons zurückzu-

Brandes
Nachdruck verboten
kehren, als wir im vorigen Jahre den Salon und die
Weltausstellung gehabt haben. Innerhalb zweier Jahre
hätten sich die Gegensätze abgeschliffcn, und wäre gewiß
die Basis einer Einigung gefunden worden. Die An-
meldungen zum Salon Meissonier müssen im März er-
folgen und ist daran die Bedingung geknüpft, daß der
Künstler, welcher daselbst ausstellt, nicht den andern Salon
beschicken darf.
Die Vorboten der Kunstsaison sind bereits erschienen.
Der künstlerische Interessen besonders vertretende Klub
Volucy hat gestern dem Publikum die Thore seiner Aus-
stellung geöffnet. Wenn ich sagen sollte, daß außer einer
Pochade Bonnats, seinen Freund Harpignics darstellend,
etwas verblüffendes in diesem Salönchcn vorhanden wäre,
müßte ich die Unwahrheit sagen. Dieses Bild aber ist
erstaunlich, wie alles, was dieser Meister produziert. Auf
krapprotem Hintergründe hebt sich der von blendendem
Silberhaar eingerahmte, die Farbe des Hintergrundes
noch etwas mitspürende, allzu stark kolorierte Kopf ab,
der in mächtig breiten genialen Pinselstrichen hingeworfen
ist. Man fühlt aus dieser Technik die Freude des Künstlers
am eigenen kühnen Können und wird von der unüber-
trefflichen Lebendigkeit, von der beredten Knappheit, die
einen anheimelt wie eine Maupassantsche Novelle zur
Bewunderung fortgerissen. Immer wieder zog es mich
zu diesem skizzenhaften Porträt selbst von den Produktionen
der größeren Meister hin, die aber hinter dem alle zurück-
blieben, was sie uns sonst schon geboten haben. Karolus
Durands büßende Magdalena, eine unter einem Fels
stehende nackte Frauenfigur, deren feuerrothaariger Kopf
im Schatten gehalten ist, um den koloristisch in Hennerschcr
Art gemalten Körper mehr zur Geltung zu bringen, er-
regt mehr Verwunderung als künstlerisches Interesse. Diese
spröden Porzellantöne sind nicht nach meinem Geschmack.
Haben denn diese Magdalenen noch immer nicht ausge-
büßt? Das Porträt des Maitre Demange, einer Berühmt-
heit der Pariser Advokatur, welches Karolus Durand aus-
stellt, ist charakteristisch und „sprechend", was für einen
Redner nicht wenig sagen will. Rixens vor einem Klavier
stehende Dame ist zwar tüchtig modelliert, aber das
Arrangement ist geschmacklos. Die Leser dieses Blattes
wissen, daß ich mich für die Bonguereausche überglatte
Manier nicht zu erwärmen vermag, und doch liegt in
seinem Studienkopf eines jungen Mädchens eine solche
Tiefe der Empfindung, diese lieben, meisterhaft behandelten
Augen sprechen so warm zum Herzen, daß man nicht
ohne eine gewffse Rührung vor diesem Bilde zu stehen
 
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