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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Architektur - Preisausschreibungen - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0354

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272

vermischte Nachrichten — Kunstlitteratur und vervielfältigende Kunst

werden; für die Ausschmückung des Inneren des Albertinums
sind 23,000 M. ausgeworfen: es werden nämlich im Treppen-
hause die Marmorbüsten Ihrer Mas. der Könige Albert und
Johann aufgestellt, in der Vorhalle erhalten die Büsten von
zwölf sächsischen Herrschern ihren Platz, im Treppenhause und
in den beiden großen Abgußsälen werden zehn runde Majolika-
medaillons angebracht, in den beiden Sälen auch vier land-
schaftliche Gemälde. — An den Kunstfonds werden wie gewöhn-
lich zur Herstellung monumentaler Kunstwerke der Malerei und
Bildncrei 60,000 M. überwiesen; für die Inventarisation der
im Lande vorhandenen älteren Kunst- und Baudenkmale und
für Beihilfen zur Erhaltung alter kunstgeschichtlich merkwürdiger
Bauwerke und Denkmale sind 13,000 M. eingestellt. Bei der
Vermehrung der Sammlungen der Kunstakademie sind besondere
2000 M. eingestellt, damit die von dem verstorbenen Hofbaurat
Krüger hinterlassene Studiensammlung italienischer Bauwerke
als Lehrmittel erworben werden könne. Endlich ist zu erwähnen,
daß zur einheitlichen Gestaltung des neuen Akademiegebäudes
nach der Stadtseite das Hausgrundstück, An der Frauenkirche 9,
für 135,000 M. erworben worden ist. Der gesamte Aufwand
sür Kunstanstalten und Kunstzwecke im allgemeinen beträgt
252,000 M. Rechnen wir den Aufwand für die Kunstsamm-
lungen hinzu, so ergibt sich im ganzen 886,518 M., fürwahr
eine stattliche Summe für so ein kleines Land wie Sachsen.
" Als französisches Urteil über deutsche Malerei
ist dasjenige Maurice Hamels interessant, das er in der Oaretts
äes besax arts drucken ließ. Hameln bestätigt zuerst den Fort-
schritt, den unsre Kunst seit 1878 gemacht hat. Damals hätte
sie mehr Gelehrsamkeit und kritischen Verstand als persönliche
Eingebung gezeigt und mehr das Studium der alten Meister
erkennen lassen, als Liebe zur Natur. Jetzt sei in Auffassung
und Darstellungsweise ein großer Umschlag eingetreten: Millet,
Israels und schließlich die Schule des freien Lichtes hätten eben
auf die moderne Malerei bestimmend eingewirkt — in Deutsch-
land wie anderwärts. „Daraus folgt aber keineswegs, daß die
deutsche Kunst ihr Volkstum ausgegeben habe. Die ganze
Stammeseigenart besteht noch fort in der Vorliebe für ge-
dämpfte Farbengebung, sür starke und wuchtige Töne in der
ernsten, oft melancholischen Empfindungsart. Die neue Schule
selbst hat lebhafter als je die wahren Überlieferungen der deut-
schen Kunst wieder ausgenommen: einen mystischen Naturalis-
mus, ein Streben nach Kennzeichnung des wesentlichen ohne
Bedachtnahme auf plastische Schönheit, eine rücksichtslose Vor-
liebe sür ausdrucksvolle Häßlichkeit und schmerzliche Anmut, ein
begeistertes Vertiefen in das Innenleben." Leubach wird ein
intevse evocateur <4Lme5 genannt. Von Menzel sagt Hamel,
er bilde ein Gebiet sür sich in der deutschen Kunst. „Sein ab-
geklärter, die Wirklichkeit anerkennender Geist findet das Seinige
überall, in der Werkstatt, in den Salons, aus den öffentlichen
Spaziergängen und in den Tierbuden. Er erzählt nicht, aber
er beobachtet mit schneidender Schärfe Gesichter, Stellungen u. s. w.
Mit schalkhafter Gutmütigkeit, mit derber, ehrlicher und gemüt-
licher Laune weiß er das Leben zu treffen, und sein Ton ist
geistreich und bestimmt." Der Verfasser würdigt noch eine Reihe
andrer Berliner und Münchener Maler und sagt am Schluffe:
„Alles in allem: was zur Stunde in Deutschland vorherrscht,
ist, gleichzeitig beeinflußt v»n Frankreich und Holland, eine
Rückkehr zur unmittelbaren und naiven Kunst."
Kunstliikrrakur und vervielfältigende Kunst
N. Ein nach allen Seiten löbliches und nachahmungswertes
Werk hat Herr Adolph Goldschmidt über „Lübecker Malerei
und Plastik bis 1530" (Lübeck 1889 bei B. Röhring, gr. Fol.
39 Seiten Text mit 43 Lichtdrucktafeln, Pr. 25 M.) herausgegeben.
Natürlich beschränkt sich der Vers, nicht aus die im heutigen
Lübeck erhaltenen Reste, sondern suchte alle, aus dem reichen
Kunstleben dieser Stadt anders wohin verbrachten Erzeugnisse,
aus Grabow, Natzeburg, Schwerin, München u. s. w. mit um-
sichtiger Sorgfalt wieder zusammen. Durch die Handelsbe-
ziehungen der reichen Lübecker Kaufherren und ihre weitver-
zweigten Niederlassungen erklärt sich der Einfluß dieser Maler
und Bildhauer insbesondere nach Dänemark und Schweden.
Dabei betont Herr Goldschmidt die mächtige Förderung, welche
der Kunst durch die Hansa und die geistlichen Brüderschaften
zuteil wurde. Die möglichst chronologisch geordneten, ganz vor-
züglichen Abbildungen machen uns mit vielen überraschend

schönen Meisterwerken ersten Ranges bekannt. Ebenso mühevoll
wie hochverdienstlich ist der urkundliche Nachweis von 70 Künst-
lernamen. Hoffentlich findet dieses Vorbild weitere Folge.
Welch große Förderung könnte der deutschen Kunstgeschichte zu
teil werden, wenn jede größere Stadt in ähnlicher Weise ihre
Ehrenschuld zum Besten der Wissenschaft abtragen wollte! Wie
viele Schätze harren noch eines Forschers in den Archiven; eine
Anzahl von Kunstwerken liegen trotz der nicht immer sachför-
dcrlichen Sammellust unsrer Fachmänner, abseits den land-
läufigen Fahrstraßen in schnöder Verborgenheit oder werden
durch heillose Trödelei unrettbar ins Ausland verloren. Solch
vollberechtige, redliche und kenntnisreiche Arbeiter mit solchen
Resultaten sind gewiß immer willkommen!
— Gleichmäßig vernachlässigt von Kunstgelehrten wie
Künstlern, blieb uns die mittelalterliche Miniaturmalerei bisher
viel zu fremd. Im wesentlichen haben wir es von Kunstge-
lehrten Springer und Janitschek und neuerdings der „deutschen
Kunstgeschichte" des Historienmalers Professor Knackfuß in Kassel
zu verdanken, wenn sich gegenwärtig mehr als bisher die Auf-
merksamkeit dieser hervorragenden Leistung mittelalterlicher Kunst-
übung zuwendet. Ein erfreulicher Beweis hierfür ist die köstliche
Sammlung von Miniaturen und Jnitialnachbildungen, welche
der Lehrer sür Schriftzeichnen am kgl. Kunstgewerbemuseum zu
Berlin, A. Schoppmeyer durch jahrelangen Fleiß, zusammen-
gebracht hat. Als ehemaliger Buchhändler mit besonderem
Interesse für die Schrift begabt, hat Schoppmeyer nach
Vollendung seiner kunstakademischen Studien mit einem Stipen-
dium des Ministers versehen, eine ganze Reihe von Handschristen-
sammlungen Deutschlands durchforscht und so eine einzig da-
stehende Sammlung von mittelalterlichen Handschriftmalereicn
in getreuen Kopien zusammengebracht. Hierbei hat sich Herr
Schoppmeyer eine so intime Kenntnis der Schrift wie des
Ornamentes angeeignet, daß er in Neuschöpfungen sich den ver-
schiedensten Stilformen vollständig anzupaffen vermag, wie eine
Reihe von Adressen rc. beweisen, die seiner Hand entstammen. —
Es ist freudig zu begrüßen, daß das etwas steril gewordene
Feld der Kalligraphie neir von Herrn Schoppmeyer in künstle-
rischem Sinne angebaut wird. Möge er im besonder» auch
bedacht sein, sich durch steten Kontakt mit den alten Vorbildern
vor der Manier zu hüten und zu diesem Zwecke seine Samm-
lungen stets mehren. So erhalten wir vielleicht, allerdings nur
in einem Exemplar, ein Werk über deutsche Handschriftenmalcrei,
welches den berühmten Publikationen des Grafen A. de Bastart
über die französischen Miniaturisten an die Seite gesetzt werden
kann. Hierfür wäre eine staatliche Unterstützung sicherlich am
rechten Platz.




/»Ha// //. /
247.
^450 — 7577-.
—7677^.
246. <77^ — 7770-.
Wedaktionsschkuk 10. Mai — Ausgabe L4. Mai.
Inbütt des siebzehnten Nestes: Tert: S. Hausmann. Die neueste
Entwicklung der deutschen Panoramenmalerei — A. Frhr. v. Perfüll.
Dachstuben-Nachbarn (Fortsetzung) — Fr. Pecht. Unsre Bilder — Kunst-
uotizen rc. ^itderbeilagen: Ludwig Pas sini. Religionsunterricht in
Rom — Adol f Echtler. Die Waisen — Bened ikt Knüpfer. Bewegtes
Meer — Wilhelm Diez. Die Rast.

Für die Redaktion verantwortlich: Fritz Schwartz — Druck der Bruckmann'schen Buchdruckerei in München
 
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