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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

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Brandes, Otto: Der Salon im Industrie-Palast, [2]
DOI Artikel:
Springer, Jaro: Die akademische Kunstausstellung zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0425

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Der Salon im Industrie-Palast, von D. Brandes — Die akad. Runstavsstellung zu Berlin, von IaroSpringer 529

steckt, um sich, ehe die Erben sich einfindcn, der Hinter-
lassenschaft zu bemächtigen, eine Hintertreppen-Roman
Illustration. Der Salon wimmelte von solchen Abge-
schmacktheiten. Eine Erholung sind da immer wieder die
Bilder aus der Kinderwelt. Mögen dies Lobrichons
etwas süßlich gemalte kleine Schelme oder Truphemes
in der Schule Lotto spielende Mädchen oder auch Madame
Demont-Bretons im vollen Sonnenlicht im hohen
Grase an der moosbewachsenen Steinbank sich amüsierende
Babys sein, die nicht größer als die dunklen Schwert-
lilien neben ihnen. Die Impressionisten im guten Sinne
des Wortes, Elliot der eine und Mac Ewen der
andre, sind mit ihren Luft und Licht erfüllten Bildern,
der erstere mit seinem Tauftage und seinem Sommer-
donnerstage, der letztere mit seinem Bilde „die Abwesen-
heit", ohne Werke ersten Ranges zu sein, angenehme
Ruhepunkte auf der wenig lohnenden Wanderung durch
die endlosen Säle.
Und der Humor. Ja! der ist verzweifelt dünn ge-
säet. Wer gutmütig ist, lacht schon über Viberts „ein-
gebildeten Kranken", einen Kardinal, dem der Arzt den
Puls fühlt, während der Patient bereits mit den herbei-
gebrachten Gerichten liebäugelt. Über Viberts Studien in
Rot läßt sich nichts neues sagen. Er ist und bleibt
hierin ein Virtuose ohne den Flug zum Künstler zu
nehmen. Lustiger ist schon Brispots ländliche Gesell-
schaft, der ein verflixter Städter eine Flasche Champagner
mitgebracht hat, die er sich anschickt zu öffnen. Die Furcht
vor dem Knall bei dem einen, die Neugierde bei dem
andren, die selbstbewußte Sachkenntnis bei dem dritten
sind kostbar geschildert: Es ist eine vielleicht rohe Komik,
aber man entzieht sich ihrem Einflüsse nicht leicht. Ein
feinerer Humor liegt in dem ganz kleinen, aber sehr
interessanten Bilde Chevillards: Eine Restaurierung.
Der Herr Pastor im Sammtkäppchen, blauer Schürze,
mit einem mächtigen, bunten Taschentuch — wie im Abbe
Konstantin — repariert sich im Kreuzgewölbe der Sakristei,
in welche Helles Sonnenlicht fällt, seine schadhaft ge-
wordenen Heiligen. Das ist alles subtil und doch nicht
ängstlich behandelt, das Detail mit solcher Liebe studiert,
der aufmerksam schästelnde Geistliche mit solcher Sicher-
heit charakterisiert, daß man seine Helle Freude an dem
klein blitzsauberen Bildchen hat. Auch Meyerheims
Zigeuner im Walde möchte ich hierher rechnen, ein Bild,
welches in Deutschland bekannt sein dürfte. Ein etwas
unkeuschcr Humor kommt auf Suzanne einer Szene
aus dem bekannten ckeiui-moucke-Lokal, dem »kvloulin
rouger zum Ausdruck. Zwei ältere Herren machen der
eleganten Hetäre den Hof. Die Köpfe der charmierenden
„Onkels" sind gut modelliert und in ihrem lüsternen
Ausdruck scharf gekennzeichnet.

Ich breche hier ab, es wäre wohl noch manch Bild
zu erwähnen, aber keines fordert durch originelle Er-
findung oder eine überwältigende Technik zu eingehender
Besprechung heraus. Eine bloße Erwähnung hat aber


landmann aus Vbrrbayrrn. von Georg Schildknecht
Münchener Iahres-Ausstellung 1890

keinen Zweck. Ich scheue nichts so sehr, als die Dienste
des Katalogs zu übernehmen, und fürchte, daß ich schon
mehr als das sonst meine Gewohnheit ist, bei der Arm-
seligkeit des Materials in diesen Fehler verfallen bin.

Die akademische kiunstaupftekung zu Berlin

von Iaro Springer

er Eindruck, den der erste flüchtige Besuch der dies-
jährigen Ausstellung gewinnen ließ, daß sich auf
ihr viel Tüchtiges aber wenig ganz Hervorragendes finde,
ist durch die spätere eingehende Betrachtung voll bestätigt
worden. In der überwiegenden Mehrzahl sind die aus-

gestellten Bilder nach irgend einer Seite hin gut und
rühmenswert, aber es findet sich unter ihnen auch keines,
das ohne weiteres hinreißt, keines, vor dem sich die Be-
schauer zusammendrängen, und das das Publikum, gleichviel
ob mit gutem Recht, zu seinem Liebling erkoren hätte.


Die Kunst für Alle V

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