Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 5.1889-1890

DOI Artikel:
Adelung, Sophie von: Das russische Kostüm, [2]: eine Atelier-Studie
DOI Artikel:
Auktionswesen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10738#0466

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
362

Das russische Kostüm. Eine Atelier-Studie. Don A. v. Adelung — Auktionswesen

Wein schmeckte bitter, der Kaviar salzig — und war das
zn verwundern, -wenn die Hanptwürze, das gewohnte,
oft glänzende, oft kindlich naive, dann wieder sinnige
Geplauder unsres Wirtes dazu fehlte? Frühe schon
verließ einer nach dem andern das Atelier — ich glaube,
cs blieb sogar eine ganze, volle Flasche Champagner
stehen — wohl ein unerhörtes Ereignis in den Annalen
der Kunstgeschichte unsrer Schule- — Ich blieb mit
Lensky allein.
Er trat auf die Staffele! zu. Mit übereinander
geschlagenen Armen und gerunzelter Stirne stand er-
lange so da. Dann griff er plötzlich nach dem Messer:
ich sah, wie er einen Schritt zurücktrat, wie seine Augen
funkelten, schweratmend hob er die Hand.
Doch ehe ich noch aufspringen konnte, um den un-
glücklichen Streich zu verhindern, hatte er die Hand
wieder sinken lassen.
„Max," sagte er, und seine Stimme kam mir völlig
verändert vor: „Max komm einmal her."
Erstaunt folgte ich. Lensky deutete auf das Bild.
„Sieh diese kleinen Hände," sagte er, „sie haben
unermüdlich für mich gearbeitet, wochenlang: sind sie
nicht klein und zart für eine so große Arbeit? Und der
neue Brokat ist sehr hart, Max . . . denke an die vielen,
vielen Stiche, welche sie machen mußten. Und diese
klaren Augen, sie haben die Stiche gezählt, tausende und
tausende — und das alles für mich, Max."
Während seiner Worte hatte es endlich in meinem
schwerfälligen Gehirn zu dämmern begonnen. Also so
stand es um meinen Freund! Bald darauf ging auch
ich — er brauchte mich ja nicht mehr.
Wenige Wochen später reiste Lensky nach Rußland

zurück, „in Geschäften", wie er sagte. Allein er kehrte
nicht wieder. Statt seiner kam ein Brief, in welchem cr
mich bat, ihm seine Kostüme nachzusenden —- Farben,
Staffeleien, Skizzen, Nahmen und sonstige Malutensilien
ließ er großmütig an seine unbemittelten Kameraden
verteilen. Lensky war immer großmütig gewesen!
Es mochte etwa anderthalb Jahre später sein, da
begegnete ich meinem Freunde auf einer kleinen Tour in
Wiesbaden, in der Bahnhofrestauration. Er saß mit
einer Dame am Tisch und sprang sogleich auf, um mich
aufs herzlichste zu umarmen.
„Max, du hier! und wir wollten dich in * be-
suchen! Wie geht es, alter Freund?"
Ich mußte hinüberschaucn an den Tisch, wo die
Dame saß. Ein blasses, rundes Gesichtchen, rote Kinder-
lippen — ein feines Näschen — und zwei samtweiche
dunkle Augen. Das russische Kostüm fiel mir sogleich ein.
„Du mußt ein Paar Tage bei uns im Hotel zu-
bringen, wir wollen dir ganz Wiesbaden und seine Um-
gebung zeigen; wir sind selbst soeben hier angekommen
und suchen nach dem besten Hotel. Eber nmi! wie freue
ich mich, dich wiederzusehen!"
Während der ganzen Zeit blickte die Dame unver-
wandt zu uns herüber. Es war ein ruhiger, überlegener,
aber guter Blick, der Vertrauen einflößte.
„Lensky," sagte ich leise, „die Dame drüben-
ist das —?"
tza!" rief Lensky, „c'est magnibcxue!" „ich
vergaß ja ganz — —" und zog mich lachend an den
Tisch: „diese Dame? Erlaube, daß ich dich vorstelle —
mein bester Freund, Max Steiner, — die Nichte — die
Kousine — meine Frau."

AMtionswcsen

7H>ie alljährlich in den Kunstcentren veranstalteten
Ausstellungen haben ohne Zweifel den Ehrgeiz
und den Schaffenstrieb bei den Künstlern gesteigert, aber
sie haben ihnen auch größere Bürden auferlegt. Wir
wollen a priori die Gleichwertigkeit der Ausstellungen in
München, Wien, Berlin annehmen. Ein bekannter
Künstler wünscht ehrenhalber an allen Ausstellungen
Teil zu nehmen, um so mehr aber der noch unbekannte
Meister, getrieben von dem Wunsche, mit einem Schlage
wenigstens vielerorts von sich reden zn machen. Durch
die Schaffung dieser Mündungsgebiete des Arbeitsstromes
ist aber die Kauflust nach den gemachten Erfahrungen
keineswegs gestiegen. Wenn es auch sein mag, daß je mehr
gezeigt wird, um so viel mehr gesehen und gekauft wird,
so steht diese natürliche Steigerung doch nicht im richtigen
Verhältnis zu dem Reichtum des Gebotenen. Es kommt
demnach nach Schluß der Ausstellungen eine große An-
zahl von Kunstwerken zurück in die Ateliers oder in
die Sonderausstellungen der Vereine oder aber auch zur
Verfügung eines Mannes, der mit dem Hammer in der
Hand und der Befugnis in der Tasche Auktionator ge-
nannt wird. Eine solche Persönlichkeit erfreut sich in
unserm Jahrzehnt einer ganz besondern Wichtigkeit, die sie
auch im ganzen Gebühren nach besten Kräften zum Aus-
druck zu bringen bemüht ist. Nachdem sich eine größere

Anzahl von Bildern, die teils Künstler direkt gesandt
haben, teils von Privaten geliefert wurden oder auf
Lager des Versteigerers waren, angesammelt hat, wird
durch alle Zeitungen auf die Gelegenheit billigen Kaufs
auserlesener Werke aufmerksam gemacht. In Deutschland
eröffnen stets die Achenbachs die Liste des Auktionsbe-
standes. Auch G. Max und Hugo Kauffmann gehören
zu den beliebten „Druckern". Überhaupt Pflegen die
Arrangeure mit Namen nicht zu geizen. Gefährlich ist's,
wenn ein solcher Bildervorrat einfließt in einen unter
den Hammer geratenen Kunstbesitz eines Mäcens, um die-
sem ein Relief zu geben oder aber auch um von diesem
ein Relief zu borgen. Die Parole L tont prix lockt
das Publikum, die Sessel sind gefüllt mit Neugierigen
und mit solchen Kunstfreunden, die auf die ihnen ver-
sprochene Gelegenheit glaubensselig warten. Der Maklcr
hält seine Antrittsrede, versichert, daß er nur Prima-
waren feil biete, meist prämierte Werke, deren Erwerb-
ung eine Kapitalanlage bedeute. „No. 90 von L. P. Z.
Ein Genrebild. Der Künstler wartet nur auf das Hin-
scheiden Ludwig Knaus, um alle die diesem gezollte Be-
wunderung auf sich zu lenken; Schüler von dem Tirolcr
Malerfürsten Defregger. Einzig in seiner Art! Das
Bild wurde seinerzeit mit M. 5000 gekauft (der Mäcen,
der den Preis zahlte, hat seinen Namen der Nachwelt
 
Annotationen